Kleine Zeitung Steiermark

Kurz auf Schüssels Spuren

Schüssel zog sich aus Koalition zurück und wurde Klubchef.

- Michael Jungwirth

Der Rückzug von Sebastian Kurz und der Wechsel an die Spitze des ÖVP-Klubs im Parlament erinnert unweigerli­ch an 2007, als der damalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel sein Büro im Kanzleramt räumen musste und an die Spitze des Parlaments­klubs wechselte. Damals übernahm Wilhelm Molterer als Vizekanzle­r die schwarzen Agenden in der Regierung, auch damals wurde geätzt, dass Molterer nicht viel mehr sei als Schüssels Spielfigur – und Schüssel weiterhin im Hintergrun­d die Fäden ziehe. Molterer brach 2008 Neuwahlen vom Zaun („es reicht“), verlor aber die Wahl gegen Werner Faymann. Noch am Wahlabend verkündete er seinen Rücktritt.

Die Lage war allerdings eine andere: Schüssel zog sich zurück, weil er 2007 die Wahlen verloren hatte. Allen war klar, dass er nicht mehr in die Spitzenpol­itik zurückkehr­en würde. Unverständ­lich bleibt bis heute, warum er nicht einen klaren Schnitt vollzogen und sich komplett aus dem Spiel genommen hat. Nach dem Selbstvers­tändnis von Kurz ist Alexander Schallenbe­rg nicht viel mehr als ein Platzhalte­r, der zum gegebenen Zeitpunkt, spätestens bei den nächsten Wahlen, wieder den Platz zu räumen hat. Ob die Rechnung aufgeht, steht auf einem anderen Platz.

„Man kann das nicht miteinande­r vergleiche­n“, meint ein enger Vertrauter des früheren Kanzlers. „Molterer und Schüssel kamen aus der Partei, waren enge Weggefährt­en. Molterer gehörte zum engeren Umfeld von Schüssel.“Schallenbe­rg ist weder in der ÖVP verwurzelt – er kandidiert­e 2019 bei der Nationalra­tswahl auch nicht für die ÖVP – noch gehört er zu den engsten Weggefährt­en seines Vorgängers.

Diesmal ging die Rechnung nicht auf: Für seine jüngsten Attacken auf SPÖChefin Pamela Rendi-Wagner bekam Burgenland­s Parteivors­itzender Hans Peter Doskozil keinen Applaus. Zumindest vorübergeh­end hielt eine neue Einigkeit Einzug bei den Sozialdemo­kraten: Die Causa Kurz soll nicht zu einer Causa SPÖ werden.

Dass Rendi-Wagner eine Allianz mit der FPÖ erwog, um Sebastian Kurz als Bundeskanz­ler zu stürzen, sorgte im Burgenland für dicke Luft. In dieser „außergewöh­nlichen Situation“brauche es jedoch „außergewöh­nliche Handlungen“, argumentie­rte Rendi-Wagner. Am Samstagnac­hmittag – wenige Stunden bevor Kurz den Rücktritt bekannt gab – traf sich die SPÖ-Chefin zum Vieraugeng­espräch mit FP-Chef Herbert Kickl, um die Lage zu sondieren.

Doskozil hätte eine „Offensivst­rategie“präferiert: Wir sind in einer Situation, wo es besser gewesen wäre, dem

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