Kurz auf Schüssels Spuren
Schüssel zog sich aus Koalition zurück und wurde Klubchef.
Der Rückzug von Sebastian Kurz und der Wechsel an die Spitze des ÖVP-Klubs im Parlament erinnert unweigerlich an 2007, als der damalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel sein Büro im Kanzleramt räumen musste und an die Spitze des Parlamentsklubs wechselte. Damals übernahm Wilhelm Molterer als Vizekanzler die schwarzen Agenden in der Regierung, auch damals wurde geätzt, dass Molterer nicht viel mehr sei als Schüssels Spielfigur – und Schüssel weiterhin im Hintergrund die Fäden ziehe. Molterer brach 2008 Neuwahlen vom Zaun („es reicht“), verlor aber die Wahl gegen Werner Faymann. Noch am Wahlabend verkündete er seinen Rücktritt.
Die Lage war allerdings eine andere: Schüssel zog sich zurück, weil er 2007 die Wahlen verloren hatte. Allen war klar, dass er nicht mehr in die Spitzenpolitik zurückkehren würde. Unverständlich bleibt bis heute, warum er nicht einen klaren Schnitt vollzogen und sich komplett aus dem Spiel genommen hat. Nach dem Selbstverständnis von Kurz ist Alexander Schallenberg nicht viel mehr als ein Platzhalter, der zum gegebenen Zeitpunkt, spätestens bei den nächsten Wahlen, wieder den Platz zu räumen hat. Ob die Rechnung aufgeht, steht auf einem anderen Platz.
„Man kann das nicht miteinander vergleichen“, meint ein enger Vertrauter des früheren Kanzlers. „Molterer und Schüssel kamen aus der Partei, waren enge Weggefährten. Molterer gehörte zum engeren Umfeld von Schüssel.“Schallenberg ist weder in der ÖVP verwurzelt – er kandidierte 2019 bei der Nationalratswahl auch nicht für die ÖVP – noch gehört er zu den engsten Weggefährten seines Vorgängers.
Diesmal ging die Rechnung nicht auf: Für seine jüngsten Attacken auf SPÖChefin Pamela Rendi-Wagner bekam Burgenlands Parteivorsitzender Hans Peter Doskozil keinen Applaus. Zumindest vorübergehend hielt eine neue Einigkeit Einzug bei den Sozialdemokraten: Die Causa Kurz soll nicht zu einer Causa SPÖ werden.
Dass Rendi-Wagner eine Allianz mit der FPÖ erwog, um Sebastian Kurz als Bundeskanzler zu stürzen, sorgte im Burgenland für dicke Luft. In dieser „außergewöhnlichen Situation“brauche es jedoch „außergewöhnliche Handlungen“, argumentierte Rendi-Wagner. Am Samstagnachmittag – wenige Stunden bevor Kurz den Rücktritt bekannt gab – traf sich die SPÖ-Chefin zum Vieraugengespräch mit FP-Chef Herbert Kickl, um die Lage zu sondieren.
Doskozil hätte eine „Offensivstrategie“präferiert: Wir sind in einer Situation, wo es besser gewesen wäre, dem