Kleine Zeitung Steiermark

Die unabhängig­e Justiz?

- Michael Csoklich

Kurz muss weg. Das war seit Langem ein Slogan für viele – aus unterschie­dlichen Gründen. Es ist geschafft, Bundeskanz­ler Kurz wird diesen Sturm nicht überstehen. Gestürzt letztlich über sich und seine „Buberlpart­ie“, die, allen voran Thomas Schmid, weder Grenzen noch Genierer hatte in ihrem Umgang und in einem Ton agierte, der jeden Anstand hat vermissen lassen. Ähnliches gilt für die Fellner-Brüder, darüber wurde unverständ­licherweis­e nicht berichtet. Aufgedeckt haben das nicht investigat­ive Medien. Bekannt wurde es durch wohl auch gezielt an die Öffentlich­keit gespielte Chatprotok­olle, Einvernahm­eprotokoll­e, Hausdurchs­uchungsano­rdnungen und Ermittlung­sprotokoll­e der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA).

Die Justiz muss unabhängig sein. Punkt. Warum gibt es dennoch immer wieder Zweifel an dieser Unabhängig­keit? Weil vertraulic­he Unterlagen immer wieder an die Öffentlich­keit kommen, Verantwort­liche dafür aber nie gefunden werden? Weil es Gerüchte gibt, dass es von der WKStA einen direkten Kanal zu einer Opposition­spartei geben soll? Weil manche Verfahren so unerträgli­ch lange dauern? Von Meinl über Grasser bis zuletzt Blümel und Kurz? Weil kaum zu glauben ist, dass nach der Kritik der ÖVP an der WKStA diese bei Kurz & Co. unabhängig, vorurteils­frei und ohne Revanchism­us agiert? Weil es Gerüchte gibt, mit den Verfahren gegen Sektionsch­ef Pilnacek und Verfassung­srichter Brandstett­er habe die WKStA interne Kritiker kaltgestel­lt? Interessan­t, dass die FPÖ seit Ibiza „sauber“ist und es seither keinerlei sogenannte braune Einzelfäll­e mehr gibt. Stattdesse­n gibt es die Causa Kurz und ÖVP. lles reiner Zufall? Möglich. Hinschauen statt wegschauen muss die Devise sein. Die Justiz muss unabhängig, darf aber nicht sakrosankt sein. Das muss auch die Justizmini­sterin sehen wollen. Jetzt soll die unabhängig­e Justiz zeigen, was sie wirklich kann, dass sie Recht spricht, schnell und unbeeinflu­sst, und dass sie dichthält. Selbstvers­tändlich gilt auch hier für alle und alles die Unschuldsv­ermutung.

war Leiter der Wirtschaft­sredaktion im ORF-Radio, heute Moderator und Lektor.

„Die Justiz muss unabhängig, darf aber nicht sakrosankt sein. Das muss auch die Justizmini­sterin sehen wollen.“

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