Wie in Tabakpflanzen Antikörper wachsen
Wiener Fachleute konnten Antikörper gegen Sars-CoV-2 in Pflanzen herstellen.
Es ist mehr als Schall und Rauch, was eine Gruppe an Forscherinnen und Forschern aus Wien im Fachblatt „PNAS“veröffentlicht hat. Unter Federführung von Herta Steinkellner von der Universität für Bodenkultur (Boku) wurde ein vielversprechender Weg gefunden, um Antikörper im Kampf gegen Covid-19-Erkrankungen herzustellen: Die Forscher lassen Pflanzen sogenannte IgG3-Antikörper produzieren.
Sogenannte monoklonale Antikörper gelten im Kampf gegen Covid-19 als Hoffnungsträger. Zwar werden diese schon gegen Tumorerkrankungen eingesetzt, sie aber bei Viruserkrankungen zur Milderung des Krankheitsverlaufs und zur Zerstörung des Erregers ins Feld zu führen, werde allerdings noch nicht so breit verfolgt, erklärt Steinkellner. Eine entscheidende Frage ist, wie sich Antikörper am besten herstellen lassen.
Die Wissenschaftlerin und ihr Team setzen auf eine Tabakpflanze (Nicotiana benthamiana). Dazu bringen die Forscher Gene der vom Menschen stammenden Antikörper in die Pflanze ein. „Um sie dort hineinzubringen, verwenden wir ein Bakterium als eine Art ,Taxi’“, so Steinkellner. Mit diesem Bauplan kann die Tabakpflanze dann vorübergehend die speziellen Proteine zusammensetzen. Das funktioniert, weil auf molekularbiologischer Ebene menschliche Zellen und Pflanzenzellen sehr ähnlich sind.
Das Forschungsteam hat auf diese Weise IgG-Antikörper, die eigentlich eher spät im Verlauf einer Infektion gebildet werden, produzieren lassen. In dieser Gruppe gibt es wiederum vier Subtypen (IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4). Sehe man sich die Reaktion des Immunsystems auf den Erreger an, dann dominierten in der Regel IgG1-Antikörper mit einem Anteil von über 90 Prozent. In den Studien in Zellkulturen, die mit dem Sars-CoV-2Wildtyp infiziert waren, entpuppten sich aber IgG3 als dazu fähig, den Erreger 50fach besser zu neutralisieren als das IgG1Antikörper können. „Das macht dieses Molekül jetzt so richtig interessant, um hier noch mehr Zeit zu investieren“, erklärt die Forscherin.
Im nächsten Schritt gehe es darum, die sensiblen IgG3-Antikörper stabiler zu machen. Dazu gebe es schon Ideen und laufende Kooperationen, bei denen man die künstlich hergestellten Moleküle auch im Tiermodell testet. Inzwischen wurde diese Technologie auch seitens der Boku patentrechtlich geschützt. Denn die Pflanzen als Hersteller wolle man „ordentlich pushen“, da sie etwa gegenüber der teuren Herstellung in hochtechnischen Bioreaktoren einige Vorteile bieten, sagte Steinkellner.