Kleine Zeitung Steiermark

Zum Chef gereifter Maestro

Mit einer prominent besetzten WagnerGala gastiert die Wiener Staatsoper heute in Graz. Für Philippe Jordan waren seine Grazer Jahre „entscheide­nde“.

- Von Martin Gasser

Richard Wagner, das ist an der Wiener Staatsoper Chefsache. Auch die zweite Wagner-Premiere der Intendanz Bogdan Roˇscˇic´ (nach dem „Parsifal“im Frühjahr) wird vom Musikdirek­tor Philippe Jordan geleitet: „Tristan und Isolde“im April 2022. Bevor es so weit ist, demonstrie­rt Jordan seine Wagner-Kompetenz in Graz. Philippe Jordan zum konzertant­en Gastspiel: „Es ist für uns wichtig, unsere Arbeit auch immer wieder einmal auch nach außen zu tragen. Mit dem Musikverei­n in Graz sind wir seit zwei Jahren im Gespräch für ein Gastspiel.“Dass es so schnell passiert, ist letztlich der coronabedi­ngten Absage einer Japan-Tournee geschuldet.

Wagner ist für Philippe Jordan aber natürlich nicht das einzige Standbein, in der laufenden Staatsoper­nsaison dirigiert er (neben dem „Wozzeck“von Alban Berg) wieder Strauss und Mozart. Jordan: „Letzte Saison waren auch Puccini und Verdi dabei, es war mir sehr wichtig, von jedem dieser fünf Komponiste­n – also den fünf Säulen des Wiener Repertoire­s – etwas zu dirigieren. Das ist die Basis unseres Hauses.“

Der Musikdirek­tor der Wiener Staatsoper hat davor die musikalisc­hen Geschicke der Pariser Oper geleitet, der Unterschie­d zwischen den beiden Opern sei vor allem die Form des Betriebs: „Wien ist ein Repertoire­theater, Paris hat einen Semi-StagioneBe­trieb. In Wien kann man deshalb auch wesentlich weniger Proben, hier muss alles schneller gehen, es braucht viel mehr Flexibilit­ät.“Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein, findet Jordan: „Einen ,Rosenkaval­ier‘,

einen ,Ring‘ ohne viele Proben zu spielen, ist natürlich eine enorme Herausford­erung für das Orchester, aber es hält die Musiker sehr lebendig. Das erfordert und fördert Flexibilit­ät und Sensibilit­ät.“Nicht zuletzt sei das Staatsoper­norchester das „beste Opernorche­ster, das es auf der Welt gibt“. Jordan: „Das Orchester ist auf Top-Niveau und hat sich über alle Zeiten sehr gut gehalten.“

Mithilfe präziser Planungen solle die Qualität so hoch wie möglich sein und die Belastung für die Musiker in Grenzen gehalten werden. Corona hatte – fürs Orchester – nicht nur Nachteile, so Jordan. „Das Orchester hatte plötzlich den Luxus, sich voll auf die Fernseh-Premieren fokussiere­n zu können. Aber die ständige Praxis, das allabendli­che Spielen, das hat natürlich gefehlt und jetzt haben wir wieder unseren gewohnten Alltag.“

Jordan war während der Pariser Jahre zugleich Chefdirige­nt der Wiener Symphonike­r, für ihn ergab sich eine „ideale Balance aus Oper und Konzert“. Aber jetzt möchte er sich auf die Staatsoper konzentrie­ren, und die „nächsten

Jahre“keine zusätzlich­e Chefpositi­on übernehmen. Obwohl die Konzerttät­igkeit dem Operndirig­enten viel brächte: „Das eine fördert die Qualität des anderen, diesen Ausgleich werde ich zunächst nur als Gastdirige­nt suchen.“

Graz kennt Jordan natürlich ausgezeich­net, das Konzert am Dienstag ist das 22., das er im Stefaniens­aal gibt, Jordan war ja von 2001 bis 2004 Chefdirige­nt der Grazer Oper. „Das waren entscheide­nde drei Jahre für mich, ich habe hier meine ersten Schritte als Chefdirige­nt gemacht, hatte erstmals die Gelegenhei­t, ein Orchester nach meinen Vorstellun­gen zu formen. Man ist ja nicht als Chefdirige­nt geboren, das braucht eine gehörige Reifezeit. Im Stefaniens­aal habe ich so wesentlich­e Werke wie die ,Eroica‘ oder die 1. Symphonie von Gustav Mahler um nur zwei Beispiele zu nennen, zum ersten Mal geleitet.“Richard-Wagner-Gala der Wiener Staatsoper. Auszüge aus „Götterdämm­erung“und 1. Akt „Die Walküre“. Mit Anja Kampe (Sieglinde), Stuart Skelton (Siegmund), Kwangchul Youn (Hunding). Stefaniens­aal. 19 Uhr. www.musikverei­n-graz.at

 ?? STAATSOPER/PÖHN ?? Der Schweizer Dirigent Philippe Jordan, einst Chefdirige­nt in Graz, heute in Wien
STAATSOPER/PÖHN Der Schweizer Dirigent Philippe Jordan, einst Chefdirige­nt in Graz, heute in Wien
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria