Medien und Politik sitzen nicht im selben Boot
Die Macht der öffentlichen Hand über die Medien ist massiv gestiegen, und die Politik kalkuliert, von ökonomischen Sorgen zu profitieren, sagt Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, in seiner Dankesrede für den Kurt-Vorhofer-Preis.
zu formulieren: In der prekären ökonomischen Produktionsbasis für Qualitätsjournalismus liegt dessen größte Gefahr. tefan Zweig hat unter anderen Umständen Folgendes formuliert: „Nur wer sorglos in die Zukunft blicken konnte, genoß mit gutem Gefühl die Gegenwart.“Kaum ein Medium kann heute sorglos in die Zukunft blicken. Und die Politik kalkuliert, von diesen Sorgen über Umwege zu profitieren. Medien sind stets ein Objekt der Begierde, und Österreich ein kleines Land. Schon allein deshalb kann nicht oft und hart genug über die Qualität des Journalismus gestritten werden. Immerhin: Dass sich mutmaßlich nur ein Medienhaus für schmutzige Deals hergegeben hat, zeigt bis zum Beweis des Gegenteils,
Sdass die große Mehrheit weiß, wo die roten Linien verlaufen.
Vom Geld ist es ein großer Sprung zur Haltung. Es ist lächerlich, Menschen, auch Journalisten, eine Haltung absprechen zu wollen; erstens verfügt hoffentlich jeder über eine, und zweitens hat sich die Idee eines völlig unparteiischen Journalismus längst als Fiktion herausgestellt. Bei der erbitterten Diskussion darum, wie viel Haltung dem Journalismus guttut, geht es eher um die Rolle, die dem Zweifel zukommt: Zweifel gegenüber den eigenen Überzeugungen wie gegenüber denen anderer.
Skeptiker zu sein, ist heute, wo sich immer mehr Menschen nach klaren Fronten sehnen, zunehmend unsexy, vor allem bei Jüngeren und all den Älteren, die noch einmal jung sein wollen. Allein schon die Möglichkeit, dass die Gegenseite vielleicht doch Recht haben könnte, ist hier für viele eine Zumutung. Die wenigsten Überzeugungstäter vertragen Widerrede. ie Digitalisierung befeuert diese Entwicklung, weil sie neben einer inhaltlichen Homogenisierung auch die Emotionalisierung der Debatten antreibt. Wie so etwas im Endausbau ausschaut, zeigt sich in den USA, wo jedes politische Lager über sein eigenes mediales Paralleluniversum verfügt. Österreich ist vom „amerikanischen Weg“glücklicherweise weit entfernt, obwohl etliche Neugründungen auf diesen Trend setzen. Ich gestehe, dass mir ein anderes Ideal von „Zeitung“vorschwebt, eines, das bewusst die kontroversen Standpunkte zusammen-bringt und nüchmarxistisch
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