Ein Plädoyer für die Unabhängigkeit
Kurt-Vorhofer- und Robert-Hochner-Preis im Zeichen der Inseratenaffäre verliehen.
Ein gut gelaunter Bundespräsident Alexander Van der Bellen lud gestern in die Hofburg, um den Vorhofer- und Hochner-Preis zu vergeben und ein Plädoyer für die Meinungsund Pressefreiheit zu halten. Dafür brauche es auch „den Willen zum unabhängigen und qualitätsvollen Journalismus“, den „Mut“, Interventionen standzuhalten und „ausreichend finanzielle Ressourcen“. Alle Redner betonten vor dem Hintergrund der Inseratenaffäre und frisierten Umfragen die Rolle unabhängiger Medien als vierte Gewalt. „Qualitätsjournalismus war noch nie so wertvoll wie in diesen Zeiten – und noch nie so gefordert“, sagte Eike Kullmann, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA, und forderte die Regierung auf, die Zukunft der „Wiener Zeitung“zu sichern. Dessen Chefredakteur, Walter Hämmerle, darf sich über den Kurt-Vorhofer-Preis freuen. Der 50-Jährige sei, so die Jury, ein „glaubwürdiger Vertreter von Transparenz und Ethik“und „regierungskritisch, aber nicht regierungsfeindlich“. Der Robert-Hochner-Preis ging an zwei Personen: an die Puls 4Moderatorin Alexandra Wachter für ihre ausgezeichneten „faktenbasierten und sachlichen Interviews“sowie an die Ö 1-Wissenschaftsredakteurin Elke Ziegler für ihre Fähigkeit, die oft widersprüchliche Fülle von Informationen „sachgerecht und ausgewogen“zu vermitteln. Die gebürtige Kärntnerin Ziegler knöpfte sich in ihrer Rede die Emotionalisierung der Politik vor: „Wissenschaft ist kein Schaukampf.“Und Wachter forderte, von „einer willkürlichen Inseratenverteilung“, die anfällig für Korruption mache, wegzukommen und eine nach Qualitätskriterien verteilte Medienförderung zu schaffen.
Geehrt: Alexandra Wachter, Puls 4
sterreich erlebt turbulente Zeiten. Sebastian Kurz ist immerhin einer Ihrer Parteifreunde. Sind Sie enttäuscht?
JEAN-CLAUDE JUNCKER: Ich habe in der Europapolitik nie entlang von Parteilinien gehandelt. Ich habe exzellente Freunde auch in den Reihen der Sozialdemokraten. Wenn man ein öffentliches Amt in Europa bekleidet, muss man Abstand von der Parteipolitik nehmen.
Ist Kurz ein Christdemokrat alter Schule?
JUNCKER: In der Migrationsfrage waren wir unterschiedlicher Meinung. Europa muss jene aufnehmen, die aus politischen und religiösen Gründen verfolgt werden. Da kann man keine Politik der kalten Schulter verfolgen. Europa muss ein Zufluchtsort bleiben. Wirtschaftsflüchtlinge können in Europa nicht auf eine obligatorische Weise Aufnahme finden. Bei richtig Verfolgten kann man Europa nicht einfach zusperren.
Wie erleben Sie den tiefen Fall des bisherigen Kanzlers?
JUNCKER: Ich erlebe es staunend, teils mit Entsetzen. Das passt nicht zu Österreich. Der Bundespräsident hat in einem anderen Zusammenhang einmal gemeint: Die Österreicher sind doch nicht so. Ich glaube nicht, dass die Mehrheit gut und richtig findet, was der Ex-Bundeskanzler getan hat.
Sie sind enttäuscht?
JUNCKER: Ich werde nur von Menschen enttäuscht, die ich geliebt habe.
JUNCKER: Ich habe eine sehr rege politische Fantasie. Aber, was ich nun in der Presse lese, hätte ich mir, falls dem denn so ist, nicht vorstellen können. entsetzen alle.
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JUNCKER: Ich habe Machiavelli nie im Detail studiert, Kurz auch nicht. Ich war mit Kurz, als er Kanzler war, oft im Einvernehmen, öfters im Dissens. Das gilt für andere EU-Premiers auch. Die Vorwürfe haben eine besondere Qualität.
Was halten Sie von seinem Nachfolger Schallenberg?
JUNCKER: Ich kenne ihn nicht gut, ich kenne seinen Werdegang, seine Überlegungen zu Europa, die ich zu einem großen Ausmaß teile. Ich finde gut, dass er Österreich wieder in der politischen Mitte Europas verorten möchte.
JUNCKER: Ich habe die ÖVP stets als sehr europaorientierte Partei kennengelernt, angefangen Mock, Erwin Pröll, Willi Molterer. Das war meine ÖVP.
Und dann?
JUNCKER: Die neue ÖVP war mir zu neu.
Sie sind ein Schwarzer, kein Türkiser?
JUNCKER: Ich bin ein absoluter Schwarzer. Ich hatte einst einen schwarzen Neufundländer. Wenn ich mit ihm spazieren ging, haben die Leute gesagt: Hast du den schwarzen Hund gesehen? Ich wusste nie: Meinen die den Hund oder mich?
Die EU funktioniert nur auf Basis von Kompromissen. Ist das eine Idee, die den Türkisen fremd ist?
JUNCKER: Man muss in der Politik immer kompromissbereit sein, sonst führt das zu keinem guten Ende. Politiker haben den Auftrag, den Menschen zu dienen. Wenn man Politik macht, muss man alle Menschen möstimmen, gen. Wer die Menschen nicht mag, soll sein Geld in der Finanzwelt verdienen.
Herr Bürgermeister, hat Österreich Schaden genommen?
LUDWIG: Österreichs Image hat sichtlich gelitten, Österreich war auf allen Titelblättern. Ich hoffe, dass wir bald zeigen können, dass es auch eine andere Realität gibt.
LUDWIG: Ja sicher. Ich glaube, ihm ist es noch nicht so bewusst. Das wird ein schrittweiser Rückzug.
Was hat Sie am meisten entsetzt?
LUDWIG: Es sind drei Dinge, die strafrechtlichen Aspekte, die die Justiz zu beleuchten hat, der Umgangston, den man in Teilen der Partei pflegt. Vor allem hat man durch unlautere Maßnahmen in der eigenen Partei Veränderungen herbeimit