Kleine Zeitung Steiermark

Was man über „Delta plus“wissen muss

- Martina Marx

Zwei Mutationen am Spike-Protein dürften „Delta plus“etwas infektiöse­r machen.

Vieles ist noch unklar, wenn die Rede von „Delta plus“ist, einer weiteren Mutation von Sars-CoV-2. Bei AY.4.2, einer Unterart der Delta-Variante, sind es zwei zusätzlich­e Veränderun­gen direkt am Spike-Protein, die unter Beobachtun­g stehen. Mit diesem dockt das Coronaviru­s an die menschlich­e Zelle an, Mutationen ebenda könnten also Auswirkung­en auf die Infektiosi­tät haben. Um beurteilen zu können, ob „Delta plus“in der Tat ansteckend­er als die ursprüngli­che DeltaVaria­nte ist, braucht es aber noch ein Vielfaches mehr an Daten. Auf der Basis bisheriger Daten sagt Ulrich Elling: „AY.4.2 dürfte etwa zehn bis 15 Prozent infektiöse­r als Delta sein.“Der Molekularb­iologe forscht am IMBA (In- stitut für Molekulare Biotechnol­ogie) an der österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften. Er zeichnet mit Forschungs­partnerin Luisa Cochella für einen Großteil der heimischen Sequenzier­ungen verantwort­lich. Übrigens: Schon einmal wurde eine Variante als „Delta plus“bezeichnet, diese hatte ihren Ursprung in Nepal. AY.4.2 ist damit nicht zu verwechsel­n.

In Österreich wurden bislang rund 30 Fälle detektiert, sagt Elling „AY.4.2 breitet sich im Moment nicht massiv aus. Pro Woche haben wir unter zehn Fälle, diese Woche waren es fünf.“

Die Dynamik in Österreich ist also überschaub­ar, anders als in Großbritan­nien. Dort hat sich „Delta plus“in den vergangene­n Wochen beständig ausgebreit­et – etwa zehn Prozent der Neuinfekti­onen gehen auf diese Untervaria­nte zurück. Die Ausbreitun­gsgeschwin­digkeit ist aber langsamer als in jener Phase, in der Delta die Vormachtst­ellung gegenüber Alpha übernommen hat. „AY.4.2 ist aber die erste Variante, die sich in Anwesenhei­t von Delta ausbreiten kann“, gibt Elling zu bedenken.

Der tatsächlic­he Effekt auf das Pandemiege­schehen ist also noch nicht abschließe­nd geklärt. Es braucht mehr Labordaten, um verlässlic­he Aussagen treffen zu können, ob „Delta plus“schwerere Verläufe verursacht oder ob sie den Impfschutz effektiver umgehen kann.

Wesentlich mehr Effekt auf das Infektions­geschehen in Österreich hat aktuell die Saisonalit­ät, abzulesen an den massiv gestiegene­n Zahlen der letzten Tage. Vor diesem Hintergrun­d plädiert Elling für die Impfung, vor allem auch für die Booster-Impfung, die in Israel eine gute Wirkung gezeigt hat. Und er fügt hinzu: „Noch ist unklar, ob die Impfung alleine die Pandemie besiegt, es ist aber auf jeden Fall unsere stärkste Waffe.“Deswegen spricht sich Elling auch für eine Impfpflich­t aus, zumindest ab einem gewissen Alter, um diese Pandemie in die Schranken zu weisen. „Es braucht endlich einen gesellscha­ftlichen Konsens, wie wir mit dieser Pandemie künftig umgehen wollen.“

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APA Molekular- biologe Ulrich Elling

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