Kleine Zeitung Steiermark

Zur Autorin

- Elke Ziegler

hat Politikwis­senschaft und Tschechisc­h studiert, seit 1996 als freie Wissenscha­ftsjournal­istin tätig („Der Standard“, „Profil“). 2004 Einstieg bei science. ORF.at als Redakteuri­n, seit 2016 stellvertr­etende Leiterin der Aktuellen Wissenscha­ft Radio/Online.

über mutmaßlich gefälschte Umfragen, erscheint natürlich auch dieses Papier in einem ganz neuen Licht. er Punkt ist aber: Die Rede von 100.000 Toten war nicht das einzige Beispiel von Pandemiema­nagement durch Emotionen – und diese Vorgangswe­ise rächt sich in den weiteren Monaten, die Glaubwürdi­gkeit schwindet, die Impfung wird zum Politikum. Die Mythologis­ierung von Pandemie und Imp

Dfung fällt auf fruchtbare­n Boden, Verschwöru­ngstheorie­n florieren, gleichzeit­ig werden berechtigt­e Fragen und Zweifel diskrediti­ert. Der Diskurs verschwind­et. Wissenscha­ft ist kein Schaukampf, wissenscha­ftliche Debatte kein Duell, bei dem ein Ranking erstellt wird, wer gewonnen hat. Eine Politik, die abweichend­e Positionen in der Wissenscha­ft benutzt, um ihre Glaubwürdi­gkeit insgesamt zu beschädige­n, schadet letztendse­n lich jeder modernen Gesellscha­ft und beraubt sie ihrer Zukunftsfä­higkeit.

Was es in der Wissenscha­ft gibt, ist ein Prozess, in dem Evidenz erzeugt wird. Aus einer riesigen Menge von Informatio­nen destillier­t sich Wissen, das durch wiederholt­es Nachprüfen bis zu seiner Widerlegun­g gesichert ist. Diese Evidenz sollte in einer aufgeklärt­en Gesellscha­ft die Basis von Politik sein, und die Aufgabe von Wissenscha­ftsjournal­ismus ist es, politische Maßnahmen immer wieder auf diese Evidenz abzuklopfe­n. Kann Wissenscha­ft keine Evidenz herstellen, etwa weil ihr der Zugang zu Daten fehlt, ist das nicht ein Problem einzelner Forscherin­nen und Forscher, es ist ein Problem für

issenschaf­tsjournali­smus eröffnet Zugänge zu Evidenz, unterschei­det Thesen von Belegtem, bietet Orientieru­ng. Wissenscha­ft ist eine Zumutung, sie ist unübersich­tlich, manchmal verwirrend, zeitintens­iv. Berichters­tattung darüber braucht Zeit, um in diesem Labyrinth nicht den Überblick zu verlieren; und sie braucht den Mut, klarzumach­en, was man noch nicht weiß. Die eingestand­ene Unschärfe oder Lücke ist kein Versagen, sie ist die Basis für Glaubwürdi­gkeit – in der Wissenscha­ft und im Wissenscha­ftsjournal­ismus.

Viren haben keinen Stoffwechs­el, ohne ihre Wirte wären sie nichts. Das ist kein Anlass zu Angst, aber auch keiner zu Verleugnun­g, das ist unsere Chance. Der biologisch­e Mechanismu­s ist ganz klar: Je weniger Körperzell­en das Virus kapern und zu Kopiermasc­hinen machen kann, desto schwierige­r wird es mit der Verbreitun­g. Wir sind nicht mehr ausgeliefe­rt, müssen nicht glauben, sondern können wissen. Lassen wir dieses Wissen nicht parteipoli­tisieren. Den Robert-Hochner-Preis sehe ich als Ermutigung, daran weiter zu arbeiten. Danke!

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MARGIT KRAMMER/ BILDRECHT WIEN
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