Kleine Zeitung Steiermark

Die „Kompromiss­maschine“

- Von unserem Korrespond­enten Andreas Lieb aus Brüssel Am zweiten Tag

„War’s das?“fragte Angela Merkel nach ihrer Pressekonf­erenz am EU-Gipfel. Ja, das war’s: Die deutsche Kanzlerin geht, die Probleme der Union bleiben. Abschied mit stehendem Applaus.

Der nächste reguläre Gipfel in Brüssel ist am 16. Dezember – und nur, wenn die deutsche Regierungs­bildung bis dahin noch immer nicht unter Dach und Fach wäre, müsste Angela Merkel noch einmal ausrücken. So aber feierten die Staats- und Regierungs­chefs gestern schon Ab

von der Kanzlerin, an ihrem 107. EU-Gipfel. Es gab eine launige Dankesrede von Ratspräsid­ent Charles Michel („Ein Gipfel ohne Merkel ist wie

Rom ohne den Vatikan oder Paris ohne den Eiffelturm“), es gab das seltene Ereignis von Standing Ovations, ein kurzes Huldigungs-Video und es gab Geschenke – unter anderem eine durchsicht­ige Skulptur des Europagebä­udes, über die sich auch der scheidende schwedisch­e Regierungs­chef Stefan Löfven freute. Grußadress­en kamen auch von Papst Franziskus und dem früheren US-Präsidente­n Barack Obama.

Das Wort des Tages lieferte allerdings der luxemburgi­sche Premier Xavier Bettel, der meinte, Merkel sei eine „Kompromiss­maschine“. In der Tat wurde Merkel auch bei ihrem letzten Gipfel-Auftritt dieser Beschreibu­ng gerecht. Einmal mehr versuchte sie, im Streit mit Polen um das EU-Recht versöhnlic­he Töne anzuschlag­en und die Schärfe herauszune­hmen. „Die Baustellen für meinen Nachfolger sind groß“, stellte sie nach dem Gipfel fest.

war es um das Dauerthema Migration gegangen, die Staats- und Regierungs­chefs gerieten darüber derart ins Argumentie­ren, dass sich das Ende des Gipfels weit nach hinten schob – Kanzler Alexander Schallenbe­rg, der am Abend noch in Wien beim Coronagipf­el mit den Ländern erwartet wurde, musste seinen Linienflug streichen und wurde in der slowakisch­en Regierungs­maschine nach Bratislava mitgenomme­n. Davor meinte er gegenüber Journalist­en, „Mauerbau ist etwas, was mir sprachlich widerspric­ht“, es sei aber nötig, einen „robusten Außengrenz­schutz“zu errichten. Dafür habe es ein klares Bekenntnis gegeben, das sei auch essenziell für den Fortbestan­d des Schengenra­ums. Die Schlusserk­lärung enthält eine Reihe von Punkten; so soll die Kommissisc­hied

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Abschied von der großen Bühne: Angela Merkel mit Ungarns Premier Viktor Orbán
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AP (2) Mit Emmanuel Macron: französisc­h-deutsche Achse als Machtfakto­r in der EU
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