Eine Festung des guten Weines
Auf den Spuren der ältesten Weindynastie der Toskana: Marchesi Frescobaldi. In der Gegend um das „Castello di Nipozzano“gedeihen Reben für beste Weine und Oliven für Spitzen-Öle.
Weinreben wohin das Auge reicht. Akkurat angelegte Rebzeilen treffen in einem Auf und Ab der Hügel zusammen, gleich einem wogenden, hellgrünen Meer. Dazwischen ragen wie schlanke Wächter, dunkelgrüne Zypressen in den Himmel. Stolze Bäume, die wie keine anderen, die Toskana verkörpern.
Auf staubigen Schotterstraßen stolpert der Wagen mehr dahin, als er fährt. Noch vor wenigen Tagen waren es Traktoren, beladen mit roten Kisten voller Sangiovese-Trauben, eingehüllt in Wolken voller Staub. Fleißige Hände schnitten die dunklen Trauben ab, die wenige Stunden später über metallene Förderbänder in der Presse landen. „Gute Ernte“, nicken die Frauen in blauen Gewändern, die die Trauben händisch sortieren. „2021 ist ein perfektes Weinjahr.“
Wir befinden uns wenige Kilometer westlich von Florenz mitten in der Chianti-RufinaZone, deren Wortlaut bei Weinkennern ein wohliges Blubbern, wie Rotwein im bauchigen Weinglas, auslöst. Es sind nur noch wenige Meter zum Ziel unserer Wünsche – dem Castello di Nipozzano, im Besitz der Marchesi Frescobaldi, einer der ältesten und wohl auch wohlhabendsten Winzerfamilien der Toskana. Die Bezeichnung Winzer ist vielleicht etwas unangebracht – bei einer Produktion von insgesamt elf Millionen Flaschen jährlich, kann man schon von einem Weinimperium sprechen. Mit rund 400 Hektar Anbaufläche ist das Castello di Nipozzano eine der kleinen, aber hochwertigen Besitzungen der Frescobaldis.
Eskortiert von Zypressen erreicht man das Castello, das eigentlich die Bezeichnung Festung verdient. Sie ist seit dem Jahr 1000 im Besitz der Familie Frescobaldi. Nipozzano bedeutet im Volksmund „senza pozzo“(ohne Brunnen), was auf die Wasserarmut dieser Region hindeutet – für den Weinanbau kein Nachteil. Die Frescobaldis, so sagt man, sollen schon den Wein hergestellt haben, den Michelangelo voller Hingabe getrunken hat.
Schon immer agierten die Frescobaldis weitsichtig. Mitte des
Mailand
Italien
Venedig
Bologna
Udine 19. Jahrhunderts wurden rund um das Castello di Nipozzano erstmals Bordelaiser Weinsorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Cabernet Franc kultiviert. Für eine Summe von 1000 Silber-Florin wurden die neuen Rebsorten aus Frankreich herbei geschafft. Eine mutige Investition, die sich erst hundert Jahre später rechnen sollte und Grundlage des heutigen Chianti war. Padrone Vittorio Frescobaldi (93) gilt als die graue Eminenz der Familie. „Auf seinen önologischen Rat hört man immer noch, er hat eine unendliche Erfahrung“, weiß Marina, die durch die Keller führt. Das Ruder in der Firma hat Lamberto Fescobaldi übernommen, der neue Ideen für einen modernen Weinbau hegt, ohne die Tradition zu vernachlässigen.