Kleine Zeitung Steiermark

In der Türkei unerwünsch­t

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Der Streit um den inhaftiert­en Geschäftsm­ann Osman Kavala eskaliert. Präsident Erdog˘ an will acht westliche Botschafte­r ausweisen lassen.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdog˘an will die Botschafte­r der USA, Deutschlan­ds und acht weiterer westlicher Staaten aus dem Land werfen. „Sie müssen hier verschwind­en, wenn sie die Türkei nicht verstehen“, sagte er am Samstag und hielt den Diplomaten „Unanständi­gkeit“vor. Er habe das AußenmiKav­ala nisterium angewiesen, die Diplomaten „so schnell wie möglich“zu „Personae non gratae“zu erklären. Auf die Einstufung als „Persona non grata“folgt in der internatio­nalen Diplomatie in der Regel die Ausweisung.

Die zehn Diplomaten hatten die Freilassun­g des prominente­n Kritikers, Geschäftsm­annes und Mäzens Osman Kavala gefordert, der seit vier Jahren in Haft sitzt, obwohl der Europäisch­e Menschenre­chtsgerich­tshof seine Freilassun­g angeordnet hat. Als Mitglied des Europarate­s ist die Türkei an die Urteile der Straßburge­r Richter gebunden. Weil Kavala immer noch im Gefängnis sitzt, droht Ankara der Ausschluss aus dem Europarat. Die Botschafte­r von Dänemark, Deutschlan­d, Finnland, Frankreich, Kanada, Neuseeland, den Niederland­en, Norwegen, Schweden und den USA hatten in einer Erklärung die Freilassun­g Kavalas gefordert.

Das brachte Erdog˘an in Rage. Auf dem Rückflug von einer Afrika-Reise warf er dieser Tage dem Westen Einmischun­g in türkische Angelegenh­eiten vor. „Was maßt ihr euch an? Wer seid ihr?“Im Westen würden auch keine „Banditen, Mörder, Terroriste­n“aus der Haft entlassen. Die türkische Justiz sei unabhängig, sagte Erdog˘an – obwohl seine Regierung bei politische­n Prozessen Einfluss auf Richter und Staatsanwä­lte nimmt.

Erdog˘an ist überzeugt, dass

ihn stürzen will. Sollte die Türkei tatsächlic­h die Botschafte­r ihrer wichtigste­n westlichen Verbündete­n zwingen, das Land zu verlassen, wäre das ein Bruch, der nur schwer wieder zu heilen wäre. Erdog˘an ist bekannt für scharfe Worte, denen nicht immer Taten folgen.

Der türkische Präsident brach den neuen Streit mit dem Westen vom Zaun, obwohl sein Land wegen einer Währungsun­d Wirtschaft­skrise mehr denn je auf Investitio­nen aus dem Ausland angewiesen ist. Auf Druck von Erdog˘an senkte die türkische Zentralban­k am Donnerstag trotz einer Inflations­rate von fast 20 Prozent zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen die Leitzinsen auf jetzt 16 Prozent. Die Lira brach daraufhin weiter ein. Kritiker werfen Erdog˘an vor, er wolle mit niedrigen Zinsen einen Bauund Konsumboom auslösen, um seine Chancen bei den Wahlen in zwei Jahren zu verbessern. Laut Umfragen verliert Erdog˘ans Regierungs­partei AKP wegen der Krise an Zuspruch.

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GETTY Der türkische Präsident Erdog˘ an fordert den Westen heraus

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