Warnung an „Beton-Siegi“kam zu spät
In Graz läuft es auf eine Stadtregierung ohne die ÖVP hinaus. Das war schon seit der Wahl vor fast einem Monat klar. Mit Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen KPÖ, Grünen und SPÖ wird es jetzt aber sozusagen offiziell. In der Landespolitik bringt das eine atmosphärische Störung der Koalition aus ÖVP und SPÖ mit sich. Man nimmt das aber mit leisem Groll in Kauf, zumal es niemand verhindern kann.
Der scheidende ÖVP-Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl reagiert wortkarg und scheu: Für Interviews steht er nicht zur Verfügung, das Telefon hebt er nicht ab, Termine besucht er nur mehr spärlich. „Aber er ist noch Bürgermeister“, betont man in seinem Büro. Die Ablöse erfolgt ja erst am 17. November mit Angelobung der Nachfolgeregierung im Rathaus.
Einer seiner nun raren Auftritte erfolgte Freitagabend im Grazer Burghof, wo er mit Landeshauptmann der Flaggenparade der steirischen Einsatzorganisationen beiwohnte. Die zwei haben sich über die Jahre zusammengerauft, ein enges Vertrauensverhältnis bestand nie. Spekulationen, Nagl könnte in die Landespolitik wechseln, hatten sich schon vor der Wahlniederlage erübrigt. Dem Vernehmen nach warnte Schützenhöfer Nagl wegen dessen Spitznamen „Beton-Siegi“: Er solle doch besser öffentlich auf diese Kritik antworten. Ein Rat, dem der Grazer nicht folgte.
Vertraute berichten, dass
Nagl geknickt und gekränkt sei
E und mit seiner Abwahl hadere. in Projekt, das Nagl nicht Bei der Flaggenparade sprach mehr umsetzen konnte, ist er vom „Erstarken der politischen die von ihm geplante Reform Ränder an verschiedenen der Wahlen zum Migrantinnenbeirat Orten der Welt“und wertete der Stadt Graz. Wie unbefriedigend das als gefährliches Zeichen für die Lage dort ist, zeigen das „Verdunsten der Bindekräfte“ernüchternde Zahlen: Von in der Gesellschaft. Für ihn fast 30.000 wahlberechtigten selbst seien diese Wochen „die Migranten gaben nur 1317 ihre Zeit des Loslassens“. Stimme ab, was 4,45 Prozent
Dazu kommt, dass der 58-Jährige Wahlbeteiligung ergibt. Und beruflich in der Luft hängt: das bei Kosten für den Wahlvorgang Politikerpensionen gibt es nicht von mehr als 40.000 Euro. mehr, das familiäre Geschirrgeschäft Dabei war diese Beteiligung in der Grazer City führt fast noch üppig, wenn man etwa die Tochter. Da haben es die karenzierten die letzten Wahlen zu diesen Beamten mit Rückkehrrecht Beiräten in Leoben und Kapfenberg in der Stadtpolitik im Sommer 2020 betrachtet. leichter. Nächste Woche folgt In Leoben wurden bei 1790 dann der vorletzte Medienauftritt Wahlberechtigten nur 100 Stimmen Nagls: Am Donnerstag tritt abgegeben, in Kapfenberg er mit Amtsvorgänger waren es bei 1218 Wahlberechtigten und VfGH-Präsident exakt fünf Stimmen.
vor Wahlbeteiligung: 0,4 Prozent. die Kameras. Es geht um Für diese fünf Stimmen gab es Publicity für eine Wanderausstellung fünf Mandate für die einzig antretende zum Thema „Internationale Liste Bundesverfassung Kapfenberg“. und Menschenrechte. Gewählt werden müssen solche Nagl löst Beiräte laut Gemeindewahlordnung damit ein Versprechen in allen Städten an mit mehr als 1000 Migranten Stingl ein. „zur Wahrung ihrer Interessen“.
Nagl wollte die Wahlen, die wegen Desinteresses kaum demokratische Legitimation erzeugen, durch Entsendungen aus allen relevanten Verbänden ersetzen. Keinen Reformbedarf sieht hingegen der Leobner Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ). Er sagt: „Die Sehnsucht nach Mitwirkung ist nicht groß. Trotzdem soll die Möglichkeit dazu bestehen bleiben.“In seiner Stadtverwaltung gebe es eine beamtete Anlaufstelle für Migranten – diese werde viel besser angenommen.
Die Landes-FPÖ greift das Thema jetzt auf: Sie wird im Landtag einen Antrag auf „ersatzlose Streichung“der Migrantinnenbeiräte stellen. Begründung von Klubchef Mario Kunasek: „Die Wahlbeteiligung zeigt eindeutig, wie wenig Interesse und Akzeptanz diese Beiräte genießen.“Aus freiheitlicher Sicht „braucht es diese Gremien ohnehin überhaupt nicht, ihre Aufrechterhaltung wäre absolut sinnlos“. Und der Grazer FPÖ-Chef glaubt, dass der Migrantenbeirat nicht zur Integration beitrage, sondern Parallelgesellschaften repräsentiere.