Kleine Zeitung Steiermark

Grellbunte Versuchsan­ordnung

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Barbi Markovi´cs Roman über das Trauma der Neunzigerj­ahre in Belgrad ist ein absurder Lesespaß.

Die verschisse­ne Zeit“, das sind jene Jahre, die die 1980 geborene serbische Autorin in einem Vorort ihrer Heimatstad­t Belgrad verbrachte. Geprägt war das Erwachsenw­erden so wie anderswo auch von Mode, neuen Technologi­en, Drogen, Musik und Sex. Doch hier kam die Gewalt dazu, die Nato-Bombardier­ung, Sanktionen, Zerstörung an allen Ecken und Enden.

Ausgehend von ihren Tagebuchei­ntragungen jener Zeit entwickelt­e die seit 2006 in Wien lebende Autorin und spätere Grazer Stadtschre­iberin ihren Roman als ScienceFic­tion-Abenteuerr­oman mit einer Zeitmaschi­ne, einem Zaubermeda­illon und drei Freunden, die in die Vergangenh­eit reisen, um die Zukunft zu ändern. Eine weitere Quelle für die rasante Zeitreise war ein Rollenspie­l, das Markovic´ mit ihren Freunden spielte und das als Beiheft zum Buch auch die Leserschaf­t zur Versuchsan­ordnung einlädt: „Mit diesem Rollenspie­l könnt ihr in die ,verschisse­ne Zeit‘ (DVZ) (zurück-)gehen und alles anders machen als im Roman.“Die in teils derber Sprache erzählte Geschichte ist ein absurd-trashiger Lesespaß, bei dem der Humor das Trauma kaum verdeckt. Als Vanja, das Alter Ego der Autorin, schließlic­h im Jahr 2001 landet, ist nichts besser geworden: „Scheiße, nicht wahr? Du hast bestimmt gehofft, dass solche Mobs in den 90ern geblieben sind, dass sich die Leute in der Zukunft verändert haben und dass Gewalt bestraft wird, aber sie sind noch da, und sie sind viele.“

Die verschisse­ne Zeit. Residenz, 230 Seiten, 24 Euro.

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