Ein Land wird doch zur Nation
Toni Sailer und Franz Klammer und ihr Beitrag zum Eigenbild Österreichs.
er Tag, an dem Franz Klammer in Innsbruck zum Olympiasieg brauste, ist nicht nur für Österreichs Sportgeschichte wesentlich, sondern für das ganze Land. Kaum jemals davor und auch nicht danach stand die Nation Österreich so still – Schulen hatten ihren Kindern freigegeben, Betriebe Pausen verlängert, Fernseher wurden allerorts aufgestellt. Und wer nicht anders konnte, schaute etwa auf der Kärntnerstraße in Wien in die Schaufenster der Elektrohändler. Keiner wollte (und konnte) sich den Moment entgehen lassen, in dem eine Nation all ihre Hoffnungen auf einen Mann auf zwei Ski projizierte.
Dabei hat es Tradition, dass mit Olympia, dem Skisport und dem österreichischen Selbstwertgefühl. 1956 waren die drei Olympiagoldenen von Toni Sailer in
Cortina d’Ampezzo nicht unwesentlich dafür verantwortlich, dass das Land nach dem Zweiten Weltkrieg das Vertrauen ins eigene Vermögen fand. Davor etwa sahen rund die Hälfte der Österreicher ihr Land nicht als Nation, acht Jahre später waren es nur noch 15 Prozent. Dank des Skisports, der sich auch als Exportgut und Basis für den touristischen Beitrag zum Wirtschaftsaufschwung entpuppte, änderte sich das zusehends.
1976 erfolgte der nächste Sprung in der Identitätsfindung – und der war Franz Klammer zu verdanken. Er schulterte den Druck und wurde dafür nach Gold geschultert und getragen.
Ein Jahr später waren nur noch elf Prozent nicht der Ansicht, dass Österreich eine Nation sei, und in den 90er-Jahren waren gar schon über 80 Prozent der Österreicher stolz auf ihr Land. Der Hauptgrund dafür: sportliche Erfolge – und da vor allem der Skisport; Franz Klammer sei Dank.