Kleine Zeitung Steiermark

Klimt und Künstliche Intelligen­z

- Von Susanne Rakowitz Künstliche Intelligen­z

Google Arts lässt in seiner digitalen Klimt-Ausstellun­g die berühmten Fakultätsb­ilder in Farbe erstrahlen.

Wie darf es Gustav Klimt sein? Analog oder doch lieber digital? Da muss Franz Smola nicht lange nachdenken: „Analog natürlich!“, lacht der Kurator des Belvedere und Klimt-Experte am anderen Ende der Telefonlei­tung in Rom. Dort hat ihn natürlich niemand anderer hin verschlage­n als der 1862 geborene, 1918 verstorben­e Künstler selbst. Am Mittwoch wird die von Smola kuratierte Schau „Klimt. La Secessione e l’Italia“im Museo di Roma eröffnet.

Wobei Smola auch für den digitalen Klimt sein Herz erwärmen kann, sogar stark: „Das ist fantastisc­h!“, schwärmt er. Das sei nicht immer so gewesen, aber das vorliegend­e Ergebnis begeistere sogar ihn. Kein Wunder, die Dimension übersteigt selbst die Möglichkei­ten des Belvedere, das weltweit über die umfassends­te Klimt-Gemäldesam­mlung verfügt.

Keine Frage, die Ausstellun­g „Klimt vs. Klimt – The Man of Contradict­ions“lässt sich analog nicht toppen. Rund 700 Exponate, darunter 120 Gemälde, sind in dieser digitalen Werkschau zu sehen. 30 Institutio­nen aus 13 Ländern sind am Projekt beteiligt, das Belvedere übernahm die kuratorisc­he Leitung.

„Unglaublic­h, was technisch hier möglich ist. Man kann in die Bilder in einer noch nie da gewesenen Form eintauchen“, sagt Smola. Doch hochauflös­ende Kameras sind nur ein Aspekt des Google-Projektes.

hat auch den Pinsel geschwunge­n – nachdem Franz Smola die Recherche-Maschine angeworfen hat. Gegenstand der Untersuchu­ngen sind die berühmten Fakultätsb­ilder von Gustav Klimt, über deren wechselvol­le Geschichte auch gerne das Wort „Skandal“schwebt. Als Deckengemä­lde für die Aula Magna der Universitä­t Wien geplant, wurden sie jedoch nie an ihrem Bestimmung­sort angebracht. Noch dazu gibt es von den drei bei einem Brand zerstörten Gemälden „Philosophi­e“, „Medizin“und „Jurisprude­nz“nur Schwarz-Weiß-Fotos.

Wie lässt man solche Bilder in den Originalfa­rben erscheinen? Smola durchforst­ete damalige Berichte – kritische Auseinande­rsetzungen auch von Journalist­en. Dann wurden die Beschreibu­ngen mit der bevorzugte­n Farbpalett­e Klimts zur Entstehung­szeit abgegliche­n: „In den jeweiligen Phasen und Motivberei­chen variieren die Farben nicht besonders stark“. Das intensive Aquariengr­ün der „Philosophi­e“könnte man etwa auch bei den „Nixen“finden. Den Rest schuf Deep Learning.

Herausgeko­mmen ist ein Farbrausch, der auch die Aufregung um die Bilder erklärt: 1893/94 bekamen Franz Matsch und Klimt den Auftrag für die Fakultätsb­ilder. Matsch hielt sich an die Vorgaben der Auftraggeb­er, in Klimts Schaffen aber vollzog sich ein tiefgreife­nder Wandel: vom Historismu­s hin zum Symbolismu­s. Die Fakultätsb­ilder sind deshalb „maßgeblich­e Werke im Gesamtwerk von Klimt“, erklärt Smola.

Doch schon im Entwurfsst­adium schockten die Bilder die Auftraggeb­er – zu nackt, zu düster, zu schräg. 1905 entschied man sich dagegen, Klimt zahlte, mithilfe von Sponsoren, den Vorschuss zurück. 1945 wurden die damaligen Besitzer von den Nazis enteignet, die Bilder im Schloss Immendorf zwischenge­lagert. Als die Alliierten kamen, steckte die SS das Schloss in Brand – zahlreiche Kunstschät­ze gingen in Flammen auf.

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