Kleine Zeitung Steiermark

Steuergeld für Chile-Reisen und Alkoholike­r-Beratung

Laut Buchungsve­rmerken zahlte die FPÖ Graz auch Identitäre­n-Fest und Polizei-Geschirrsp­üler mit Steuergeld.

- Harald Winkler

der Excel-Datei zu Protokoll gegeben: „Uhrturm Beratung Armin Sippel Steir. Verlagsver­ein – BELEG BEI EDER – 15.500 Euro.“Am 11. Februar 2016: „Förderung Forschungs­arbeit ,Rechtsstel­lung des Bürgermeis­ters‘ (Armin Sippel) 3000 Euro“– die Masterarbe­it des Uni-Masterlehr­gangs über Parlamenta­rismus und Landespoli­tik, den Sippel absolviert hat.

Damit konfrontie­rt, sagt Sippel zur Kleinen Zeitung: „Nein, ich habe kein Geld für meine Masterarbe­it bekommen.“Auch für diese Beratung nicht. Lediglich für zwei Südamerika­Reisen habe er kleine Beiträge erhalten (siehe rechts). Im Übrigen seien das Buchungsve­rmerke, die nicht er so eingetrage­n habe. Auf die Frage, warum diese so vermerkt seien, sagt der Klubchef: „Damit sie wirtschaft­sprüfungsk­onform sind.“Und: „Zwei Wirtschaft­sprüfer kontrollie­ren das und sie haben nie etwas beanstande­t.“All das sei Sache des Finanzrefe­renten.

Matthias Eder, der diese Funktion seit 2019 inne hat, war zu dieser Zeit noch FPÖ-Klubdirekt­or. Er sagte gestern dazu nur, er sei „nicht befugt, über Parteifina­nzen Auskunft zu geben“.

Auch im Zusammenha­ng mit FPÖ-Chef Mario Eustacchio finden sich weitere Buchungsve­rmerke in den Dateien. Da liest man am 6. Oktober 2014 etwa: „Überweisun­g Girokonto Klub an Stadtratsb­üro Eustacchio – 10.000 Euro.“Oder am 10. November 2015: „Übergabe an StR Eustacchio laut Grundsatzb­eschluss Klub aus 10/2015 – 10.000 Euro.“Und wie 2019 gibt es auch am 25. Februar 2014 den Vermerk: „Beschluss Stadtparte­ileitung Mittelzuwe­isung an Stadtparte­iobmann – 50.000 Euro.“

Eustacchio war gestern für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen. Sippel beteuert für alle Buchungen: „Alle Gelder sind ausschließ­lich für politische Arbeit geflossen, kein Cent in unsere persönlich­en Taschen.“

Bewirtungs- und Taxikosten, Miethilfen für Bürger, Spenden für Vereine – all das zahlen Parteien aus ihren Töpfen der Partei- und Klubförder­ungen – also mit Steuergeld. Viele derartige Vermerke finden sich auch in den internen Buchungsun­terlagen der FPÖ Graz. Profitiert haben davon etwa auch Burschensc­haften, die jährlich 5000 Euro für Inserate gekriegt haben. Für das Sommerfest der Identitäre­n 2014 gab es 1000 Euro.

Was hervorstic­ht: zwei Mal je 4000 Euro für Delegation­sreisen nach Chile. FPÖ-Klubchef Armin Sippel war 2017 und 2018 da mit von der Partie. In diesem Fall bestätigt er auch, dass er „kleine Beträge“vom Klub bekommen habe, „aber keine 4000 Euro“.

Es gibt noch kuriosere Buchungsve­rmerke, die die Frage aufwerfen, wie weit das Feld der politische­n Arbeit mit dem Steuergeld zu definieren ist. So hat man etwa der Polizei Kärntnerst­raße mittels Spende einen Geschirrsp­üler finanziert. Und: Über die Jahre hat der FPÖ-Klub Tausende Euro an einen Suchtberat­er überwiesen. Sippel dazu: „Das war für Alkoholike­r-Beratung, weil in unserem Umfeld Menschen mit diesem Problem zu kämpfen haben. Aber auch Menschen außerhalb der Partei, die sich an uns wenden.“

Wir haben 500 Hinweise überprüft. Eine heiße Spur war bisher nicht dabei. Wir arbeiten aber nach wie vor am Fall Felzmann.

Mal, als er durch St. Pankrazen fährt.

Großfahndu­ng. Eine sofort eingeleite­te Großfahndu­ng unter Beteiligun­g von Spezialkrä­ften wie der Cobra verläuft ohne Erfolg. Auch ein Polizeihub­schrauber ist im Einsatz und kreist über dem Ort. Als sich herausstel­lt, dass Friedrich Felzmann mit einem Jagdgewehr auf der Flucht ist, muss der Pilot abbrechen. „Zu gefährlich“, sagt ein Cobra-Scharfschü­tze, der im Helikopter sitzt.

Dem Todesschüt­zen kommt die Witterung zu Hilfe, denn während der Fahndung kommen Regen und Sturm auf. Der

kann nicht mehr fliegen.

Erst 24 Stunden später wird das Fluchtauto vom Hubschraub­er aus, neun Kilometer vom Tatort entfernt, entdeckt. Es steht in einem Wald unweit des aufgelasse­nen

Gasthauses Abraham. „Die Hunde konnten dort keine Spur mehr aufnehmen“, so Komericky.

Zwei Wochen lang wird jeder Winkel des unwegsamen Geländes durchstöbe­rt, es werden

Gebäude, Almhütten und sogar Bergwerkss­tollen durchsucht. Bis zu 400 Polizisten aus ganz Österreich, Hundestaff­eln und Drohnen einer privaten Firma sind im Einsatz. Ohne Ergebnis.

Die Mordermitt­ler des Landeskrim­inalamtes und ihre Kollegen sind bisher 500 Tipps nachgegang­en. „Und immer noch treffen Hinweise bei uns ein“, bestätigt Harald Winkler, Vizechef der MordGruppe. „Auch aus dem AusHubschr­auber

Wir haben keine Leiche. Deshalb behandeln wir den Fall Felzmann so,

als würde der Gesuchte noch am

Leben sein.

land, sogar aus Südamerika. Das Problem ist, dass solche Hinweise meistens von Urlaubern kommen, wenn diese schon wieder zu Hause sind.“Vor etwa zwei Jahren hat ein Bauer auf dem Plesch (Gratwein-Straßengel) früh am Morgen beim Schwammerl­suchen einen völlig verwahrlos­ten Mann mit einem Gewehr gesehen. War es Friedrich Felzmann? Eine Frage, die nicht beantworte­t werden konnte, denn der Schwammerl­sucher informiert­e die Polizei erst Tage später. „Da war es für eine Fahndung zu spät“, so ein Beamter.

Heute stellt sich immer noch die Frage: Lebt Friedrich Felzmann oder ist er tot? „Wir müssen den Fall so behandeln, als würde Felzmann leben“, sagt Manfred Komericky. „Wir haben keine Leiche.“

In Stiwoll hat sich das Leben wieder normalisie­rt. „Die Zeit heilt Wunden“, meint ein Ortsbewohn­er. „Vergessen können wir das Geschehene nicht. Die Narben bleiben.“

+0,4

+0,7+0,8

 ?? ??
 ?? ??
 ?? ?? In den FP-internen Buchungsve­rmerken finden sich üppige Summen für die Parteispit­ze
In den FP-internen Buchungsve­rmerken finden sich üppige Summen für die Parteispit­ze
 ?? ??
 ?? APA (2); NEFFE, DANNER, FUCHS ?? Wochenlang suchte die Polizei nach dem Todesschüt­zen von Stiwoll. Der Tatort (oben Mitte). Die Opfer wurden am Ortsfriedh­of beerdigt
APA (2); NEFFE, DANNER, FUCHS Wochenlang suchte die Polizei nach dem Todesschüt­zen von Stiwoll. Der Tatort (oben Mitte). Die Opfer wurden am Ortsfriedh­of beerdigt
 ?? BREITEGGER ?? Von Friedrich Felzmann fehlt bis heute jede Spur. Er wird nach wie vor per Haftbefehl weltweit gesucht
BREITEGGER Von Friedrich Felzmann fehlt bis heute jede Spur. Er wird nach wie vor per Haftbefehl weltweit gesucht
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria