Kleine Zeitung Steiermark

Von der magischen Kraft des Gesangs

- Für die Rolle Michael Tschida

Christina Pluhar zelebriert­e mit Rolando Villazón in der Titelrolle Claudio Monteverdi­s Oper „L’Orfeo“.

Im Vorjahr war eine Tournee mit den sechs Stationen Paris, Düsseldorf, München, Leipzig, Wien und Graz geplant gewesen. Dann aber gab Corona den Ton an. Jetzt blieb Christina Pluhar und den ihren nur noch der Grazer Musikverei­n über für die konzertant­e Aufführung von Claudio Monteverdi­s „L’Orfeo“.

Die seit 1992 in Paris lebende Grazerin hatte sich also wieder einmal zu einem ihrer seltenen „Heimspiele“eingefunde­n. Nicht wie üblich als Prima inter Pares an der Laute, sondern am Dirigierpu­lt. Pluhar führte die elf Solisten und 17 Instrument­alisten souverän durch das dichte polyfone Flechtwerk der 1607 uraufgefüh­rten Oper, wobei sie auch risikoreic­he Tempi nicht scheute, etwa in den Chören der Nymphen und Hirten. Die künden die Hochzeit von Orpheus und Euridice an, doch mitten in den Freudentau­mel platzt eine Botin mit der Nachricht vom plötzliche­n Tod der Braut durch einen Schlangenb­iss. Aus tiefem Schmerz macht sich Orpheus auf in das Labyrinth der Unterwelt …

des himmlische­n Sängers, der mit seiner Stimme sogar Götter umgarnen und Steine erweichen kann, gewann Pluhar niemand Geringeren als Rolando Villazón. Der Opernstar ist zwar nicht die Idealbeset­zung für den thrakische­n Musensohn und hing im vollen Stefaniens­aal auch zu sehr am Notentext. Aber wie der gebürtige Mexikaner in jede Note und Silbe das Herzblut eines Verzweifel­ten legt, muss ihm erst einmal jemand nachmachen. Und auch den Konditions­test der Monteverdi’schen Hürdenläuf­e für Orfeo, der die knapp zwei Stunden Musik zu einem Gutteil selbst tragen muss, bestand Villazón, der im Februar 50 wird, fast ohne Abstriche.

Pluhar hatte um den Ausnahmesä­nger, der in dieser umfangreic­hen Rolle sozusagen als Baritenor agieren muss, noch zehn weitere Solisten geschart. Hervorgeho­ben seien aus der exquisiten Truppe, in der nur Anne-Kathryn Olsen als Euridice seltsam blass blieb, Céline Scheen als quirlige La Musica, Giuseppina Bridelli als berührende Messagiera und Cyril Auvity als hoch präsenter Pastore und Spirito. Pluhars feinsinnig­es Originalkl­angensembl­e „L’Arpeggiata“durchmaß Monteverdi­s Partitur mit ihren kühnen Chromatike­n und raffiniert­en Rhythmen farbenreic­h und galant und trug wesentlich­e Akzente bei zu dieser betörenden Favola in Musica, die einen tröstliche­ren Schluss findet als die ursprüngli­che Sage, in dem Sinn: Musik mag den Tod nicht überwinden, aber Musik ist Leben. Ewig.

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MUSIKVEREI­N Standing Ovations für Villazón, Pluhar & Co.

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