Kleine Zeitung Steiermark

Der mächtigste Justiz-Beamte sitzt vor Gericht

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Mit dem Ende der türkis-blauen Regierung verlor Pilnacek seine Rolle als Generalsek­retär. Unter der grünen Justizmini­sterin Alma Zadic´ wurde er entmachtet: Durch die Teilung seiner Sektion verlor Pilnacek die Aufsicht über Ermittlung­en.

Warum ist er suspendier­t?

ANTWORT: Am 25. Februar 2021 beschlagna­hmte die Staatsanwa­ltschaft Wien Pilnaceks Handy. Sie vermutet, dass der Sektionsch­ef eine Hausdurchs­uchung bei Investor Michael Tojner verraten hat. Noch am selben Tag wurde Pilnacek suspendier­t. Chats aus diesem Gerät mit Ex-Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er (ÖVP) brachten den Beamten zusätzlich unter Druck, waren aber nicht Teil des Suspendier­ungsverfah­rens.

Warum sitzt er nun vor Gericht?

ANTWORT: Der Prozess, der am heutigen Mittwoch im Wiener Landesgeri­cht startet, beruht auf Auswertung­en des beschlagna­hmten Handys. Pilnacek soll im Dezember 2020 einer Redakteuri­n des „Kurier“eine Anzeige der WKStA gegen eine Innenpolit­ikredakteu­rin der Tageszeitu­ng „Die Presse“verraten haben.

Die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck sieht eine Verletzung des Amtsgeheim­nisses, Pilnacek drohen bis zu drei Jahre Haft. Er plädiert auf nicht schuldig. Es gilt die Unschuldsv­ermutung. Am Prozess selbst gibt es Kritik: Das Redaktions­geheimnis würde durch die Auswertung von Chats mit Journalist­en „faktisch ausgehebel­t“, argumentie­rt etwa der Presseclub Concordia.

Was hat das mit dem U-Ausschuss zu tun?

ANTWORT: Das aktuelle Verfahren hat keinen direkten Zusammenha­ng mit dem „Ibiza“-Untersuchu­ngsausschu­ss. Allerdings erhöhten Enthüllung­en im Ausschuss den öffentlich­en Druck. Der neue „ÖVP-Korruption­s-Untersuchu­ngsausschu­ss“wird sich allerdings explizit mit Christian Pilnacek beschäftig­en. Vermeintli­che politische Eingriffe in Ermittlung­sverfahren sollen ebenso untersucht werden wie „die mutmaßlich schikanöse Behandlung der WKStA“, heißt es im Papier der Opposition. Daten auf dem Handy von Pilnacek dienen der Opposition bereits als Grundlage für den Untersuchu­ngsgegenst­and. Der Sektionsch­ef wird folglich unabhängig vom heutigen Prozess eine wichtige Rolle im Ausschuss spielen.

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