Kleine Zeitung Steiermark

Pferde und Würmer

Herbert Kickl hat Corona. Wer meint, das könnte seine Haltung ändern, dürfte sich irren. Der FPÖ-Chef hat immer schon politische­n Profit über andere Erwägungen gestellt.

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Herbert Kickl hat früh bemerkt, dass sich aus der systematis­chen Verharmlos­ung der Corona-Pandemie Kapital schlagen lässt. Er wetterte gegen Einschränk­ungen der Bewegungsf­reiheit, gegen Tests wie Maskenpfli­chten und alles, was der Freiheit des Individuum­s zur Brechung der Pandemie-Wellen Grenzen setzt. Man trage schließlic­h als Partei das Wort Freiheit im Namen, das verpflicht­e, pflegte er zu sagen. Den Einwand, jedes Grundrecht müsse mit anderen, konkurrier­enden Grundrecht­en abgewogen werden, ließ er nicht gelten.

Von diesem Fundamenta­lismus wich Kickl, der als junger Mensch über den Dialektike­r Hegel dissertier­en wollte, auch nicht ab, als Parteikoll­egen schwer erkrankten. Norbert Hofer, der diese Linie nicht mehr hart genug formuliere­n wollte, drängte er aus dem höchsten Parteiamt. Selbst als Manfred Haimbuchne­r, der oberösterr­eichische FPÖ-Chef, in der Intensivst­ation mit Covid-19 rang, wich er keinen Millimeter von seiner Linie ab.

Das Ziel war leicht zu erkennen. Kickl hoffte, durch undifferen­zierte Ablehnung von unangenehm­en und daher unpopuläre­n Eingriffen zugunsten der gemeinsame­n Gesundheit und der Funktionst­üchtigkeit der Krankenhäu­ser die nach Ibiza schwächeln­de Partei aus ihrem Tief zu manövriere­n. Die Rechnung ging auf. Bezahlen müssen wir sie alle. Die niedrige Impfund hohe Ansteckung­srate in Regionen, in denen die FPÖ stark ist, spricht eine klare Sprache.

Es lohnt sich, noch einmal zusammenzu­fassen, was der FPÖChef im Lauf der Pandemie alles zum Thema von sich gegeben hat. Dass, wer sich impfen lasse, Versuchska­ninchen der Pharmaindu­strie sei, sagte er in seiner Brandrede im Wiener Prater. Deshalb lasse er sich nicht impfen. Und dann den großartige­n Satz: „Wir alle haben ein intaktes Immunsyste­m. Und ein intaktes Immunsyste­m macht den Menschen stark gegen jede

Art von Virus und all die Mutationen, die jetzt von irgendwohe­r neu entdeckt worden sind.“Er empfahl, sich mit Vitaminprä­paraten, Bitterstof­fen und Bewegung an der frischen Luft zu stählen, statt „nur das Virus zu bekämpfen“. Aber wer hatte je gesagt, man sollte „nur“das Virus bekämpfen? Und ist die Stärkung des Immunsyste­ms, gegen die noch nie jemand etwas gesagt hat, nicht auch Teil dieses Kampfes? Zuletzt löste Kickl Empörung und Gelächter mit seiner Empfehlung aus, ein für Pferde und Hunde entwickelt­es Entwurmung­spräparat einzusetze­n. In Oberösterr­eich ist es ausverkauf­t. s gibt kaum einen KicklSatz ohne die vage Andeutung dunkler Machenscha­ften finsterer Mächte gegen das hilflos ausgeliefe­rte Volk. Er sät Misstrauen gegen Institutio­nen und Autoritäte­n jeder Art, bis am Schluss nur einer übrig ist, dem man sich getrost ausliefern kann: Er.

Wir wünschen dem FPÖChef weiterhin einen milden Verlauf. Wenn es um Krankheit und Lebensgefa­hr geht, verbietet sich Zynismus. Das sollte auch Herbert Kickl wissen.

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