Der mit dem Tumor oder mit dem kaputten Herzen?
Wenn eine Frau über ihren Cousin nüchtern sagt, er habe seine „Freiheit“nicht nur mit dem Leben bezahlt.
Sie sprach kurz, nüchtern, eindringlich. Ihr Cousin, erzählte eine Frau gestern im ORF, sei an Covid gestorben. Einer jener, der sich die Freiheit genommen hat, sich nicht impfen zu lassen. Er habe sich damit, sagte sie, ohne ein einziges Mal Luft zu holen, die Freiheit genommen, seine Tochter weiter im Leben begleiten zu können, seiner Frau die Freiheit, weiter mit ihm zu leben, und er habe diese Freiheit, die er hatte, mit dem Tod bezahlt. Mehr sagte sie nicht. Jeder Kommentar wäre auch überflüssig gewesen.
Jeder wusste, was sie meinte. Jeder verstand die Anklage. Die Anklage, dass es da nicht um die Freiheit der Entscheidung ging, sich impfen zu lassen oder nicht, sondern um die Verantwortung gegenüber der Tochter, der Frau, der Familie. Letztendlich gegenüber sich selbst.
Verantwortung? Wo beginnt diese Eigenverantwortung, wo endet sie? Und wo endet die Verantwortung des Staates? Mit Sicherheit nicht, wenn in Spitälern in Salzburg vielleicht schon in wenigen Tagen ein Team von fünf Ärzten „aussortieren“wird, wer noch intensivmedizinisch behandelt wird und wer nicht. Wenn also aufgrund der durch Covid herbeigeführten Notsituation Patienten nicht mehr entsprechend den medizinischen Erfordernissen behandelt werden können. Oder wie es ein Arzt ebenso kurz, nüchtern, eindringlich auf den Punkt bringt. Es gebe bereits einen „menschenunwürdigen Streit, wer zuerst operiert wird: der mit dem Tumor oder der mit dem kaputten Herzen?“.
Keine Frage, Engpässe gehörten immer schon zum Alltag der Spitäler. Als ob dies aber ein Argument gegen Covid-Maßnahmen sein könnte, um Triagen, um die völlige Überlastung der Spitäler zu verhindern. Tumor oder kaputtes Herz? Wer ist älter, wer ist jünger? Wer wird aussortiert? Ungeimpfte? Ja, das ist menschenunwürdig.