Eine Angelobung mit zwei Überraschungen
Erste Kommunistin und erste Frau – Elke Kahr ist Grazer Bürgermeisterin.
Ein paar Schnittblumen vor der Regierungsbank müssen reichen, mehr an Dekoration ist nicht. Hatte der scheidende Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) mit der Alten Aula noch einen festlichpompösen Rahmen für die Konstituierung des neuen Grazer Gemeinderates samt Bürgermeisterkür im Auge, begnügt sich die nun neue Koalition rund um die Kommunistin Elke Kahr mit dem nüchternen Saal in der Stadthalle, der schon seit eineinhalb Jahren als Ausweichquartier für die Grazer
Stadtpolitik dient. Elke Kahr zeichnet damit selbst am politischen Höhepunkt weiter an ihrem Bild der Bescheidenheit.
Dabei begann der Tag familienintern mit einem Groll. Franz Stephan Parteder, Kahrs Lebensgefährte und immer noch Chefideologe der Grazer KPÖ, musste sich beim Frühstück über zwei Gastbeiträge in auflagenstarken Zeitungen ärgern. Einmal mehr sei dort ein undifferenziertes Bild über die bösen Kommunisten gezeichnet worden, schimpft Parteder noch am Mittwochnachmittag.
Es ist dann aber trotzdem alles gut ausgegangen für ihn und seine Lebensgefährtin: Um 12.54 Uhr wird Elke Kahr als Grazer Bürgermeisterin angelobt – als erste Frau in der Geschichte der Stadt und als erste Kommunistin. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) schüttelt freundlich die Hand
Weibliche Doppelspitze: Elke Kahr und Judith Schwentner
und nimmt ihr die Gelöbnisformel ab.
Als das Wahlergebnis bekannt gegeben wird, schauen einige Mandatare überrascht auf: Würde entlang der neuen Koalitionsgrenzen abgestimmt, müsste Kahr 27 Stimmen erhalten – KPÖ-Neuling Max Zirngast musste aus Krankheitsgründen passen. Es wurden aber 28 Stimmen für Kahr – eine oder einer aus der Opposition hat also für Kahr als Bürgermeisterin gestimmt. Wer, ist nicht bekannt.
für Graz“, sagt Kahr dann in ihrer ersten Rede als Bürgermeisterin. Die Wählerinnen und Wähler wollten „Veränderung“– und die gibt es jetzt. Sie bedankt sich demonstrativ bei ihrem Vorgänger Siegfried Nagl, der in seinen mehr als 25 Jahren im Rathaus als Finanzstadtrat und Bürgermeister „viel für diese Stadt geleistet hat“. Aber zur Demokratie gehöre „auch der Wechsel untrennbar dazu“, so Kahr.
Die zweite und weit größere Überraschung in dieser Sitzung
ÖVP
FUngewohnt. Ich hab das noch nicht ganz erfasst. Aber es fällt eine große Anspannung weg. Die letzten Wochen waren sehr anstrengend. Heute war das ein Wechselbad der Gefühle, wie im Zeitraffer läuft das Leben an einem vorüber, die Tausenden Begegnungen, mein politisches Leben … es ist schwer, das in einen Satz zu packen. Aber ich gehe diese Aufgabe in großer Demut an.