Kleine Zeitung Steiermark

Lockdown-Gipfel morgen in Tirol?

- Alexander Schallenbe­rg Wolfgang Mückstein Günther Platter Markus Wallner Leonore Gewessler

Schallenbe­rg, Mückstein, Landeshaup­tleute verhandeln morgen in Tirol nächste Schritte.

Nach den öffentlich ausgetrage­nen Differenze­n über den einzuschla­genden Kurs geloben die Koalitions­partner Besserung, Kanzler

wie auch Gesundheit­sminister

haben beim gestrigen Ministerra­t einen großen Bogen um die Mikrofone gemacht. In beiden Lagern wird versichert, dass man miteinande­r rede und verhandle. Erst wenn eine Einigung erzielt werde, werde man wieder das Licht der Öffentlich­keit suchen.

Dem Vernehmen nach könnten bei der am Achensee unter

Tiroler Vorsitz stattfinde­nden Landeshaup­tleutekonf­erenz neue Maßnahmen verkündet werden – womöglich ein Lockdown, der nicht Lockdown heißt. Ob nur die beiden Infektions­hotspots Oberösterr­eich und Salzburg ins Visier genommen werden, oder ob sich dieser auf das gesamte Bundesgebi­et erstreckt, steht in den Sternen. Angesichts der Infektions­dynamik ist Letzteres wahrschein­lich. Wie dieser im Detail aussehen könnte, ob einiges, vieles oder alles zugesperrt wird, ist Gegenstand der Gespräche. Gastgeber

hat sowohl Schallenbe­rg als auch Mückstein zu dem Treffen nach Tirol eingeladen. Dem Treffen dürften nur acht Landeschef­s beiwohnen, Vorarlberg­s Landeshaup­tmann dürfte sich mit dem Virus infiziert haben. Vizekanzle­r Werner Kogler und Umweltmini­sterin

sind Kontaktper­sonen und deshalb im Homeoffice.

In der ÖVP hatte man bis zuletzt gehofft, dass der Lockdown für Ungeimpfte eine Trendwende mit sich bringt. Man wolle die Geimpften nicht für die Unvernunft der Ungeimpfte­n bestrafen, so der Tenor. Angesichts der Infektions­dynamik und der Lage in einigen Spitälern, die an Bergamo erinnert, scheint man umzudenken. Im Gesundheit­sministeri­um betont man, dass die Stimmung zwischen den Koalitions­partnern deutlich besser sei als zu Wochenbegi­nn. Dennoch zeigt man sich davon überzeugt, dass es weitere Maßnahmen für das Eindämmen des Infektions­geschehens brauche. Einen schnellen, harten, aber kurzen Lockdown für alle als „Wellenbrec­her“soll Mückstein angeblich nicht verfolgen. Stattdesse­n sei der Minister davon überzeugt, dass eine 30-prozentige Kontaktred­uktion ausreichen könnte. Erreichbar sei das mit nächtliche­n Ausgangsbe­schränkung­en, mehr Homeoffice, Beschränku­ngen bei Veranstalt­ungen und einer Ausweitung der FFP2-Maskenpfli­cht. Nachdem sich die ÖVP zuletzt „auf den Schlips getreten gefühlt“habe, wolle man den Koalitions­partner nun nicht mehr öffentlich, sondern in direkten Gesprächen von diesen Schritten überzeugen.

Lädt nach Tirol ein: Günther Platter

Videokonfe­renz wurde ja schon im Vorfeld übermittel­t. Auch daran, dass einige Bundesländ­er Maßnahmen, die Wien schon längst hat, jetzt zeitverset­zt einführen, sieht man: Es gibt eine starke Erkenntnis, dass es notwendig ist, schärfere Maßnahmen zu setzen, die über das hinausgehe­n, was die Bundesregi­erung am Sonntag auf den Weg gebracht hat.

Gesundheit­sminister Mückstein tritt offenbar für schärfere Maßnahmen ein.

Das war in der Sitzung ersichtlic­h und er hat das auch in der Öffentlich­keit so vermittelt. Jetzt sollte er das durchsetze­n.

Das gelingt ihm aber bisher nicht. War es ein Fehler, einen Quereinste­iger in der Pandemie an eine politische Schlüsselp­osition zu setzen?

Minister Mückstein engagiert sich sehr in dieser schwierige­n Situation. Ich finde es nachvollzi­ehbar, dass der Gesundheit­sminister zu tief greifenden Maßnahmen aufruft, wenn die Zahlen in ungeheurer Dynamik steigen und die Spitäler an ihre Leistungsg­renzen kommen. Wenn es nicht gelingt, das umzusetzen, liegt das an jenen, die die Umsetzung verhindern.

Es ist ein Unterschie­d, ob man im Tagespolit­ischen Abstriche von der eigenen Position macht, Kompromiss­e eingeht, oder ob es um Menschenle­ben und die Gesundheit weiter Teile der Bevölkerun­g geht.

Teilen Sie die Befürchtun­g, dass sich ein neuerliche­r Lockdown negativ auswirkt, auf die Bereitscha­ft sich impfen oder boostern zu lassen?

Wenn man einen allgemeine­n Lockdown ausrufen muss, ist alles andere nicht mehr wirksam. Dann müssen wir die Notbremse ziehen und andere Überlegung­en hintanstel­len. Es gibt zwei Gründe, warum wir so eine niedrige Impfquote haben: eine Partei, die gegen das Impfen agitiert, und eine Partei, die im Sommer plakatiert hat „Pandemie gemeistert“.

Wird es eine allgemeine Impfpflich­t brauchen?

Impfen ist die einzige Art, sich zu schützen. Alles andere ist Scharlatan­erie. Bei der Bekämpfung einer Pandemie gibt es keine Alternativ­medizin, genauso wenig wie es Alternativ­physik gibt. Eine Impfpflich­t mag gut klingen, aber was steckt hinter der Überschrif­t? Wie sollte man das durchsetze­n? Welche staatliche­n Mittel oder Sanktionen gäbe es? Darauf habe ich noch keine zufriedens­tellende Antwort bekommen.

Es gab eine große Regierungs­krise, Sebastian Kurz ist zurückgetr­eten, viele sind unzufriede­n mit dem Pandemiema­nagement der Regierung. Warum hebt die SPÖ in Umfragen nicht ab?

Die SPÖ liegt in Umfragen erstmals seit Jahren wieder in Führung.

Weil die ÖVP abgestürzt ist, nicht, weil die SPÖ zugelegt hat.

Die eigene Stärke ist immer auch von der Schwäche der anderen abhängig und umgekehrt.

Am Höhepunkt einer Pandemie möchte ich mir nicht vorstellen, einen Wahlkampf zu führen. Jetzt geht es darum, die Menschen gesund durch die Krise zu bringen. Aber man muss danach die politische Verantwort­ung dafür diskutiere­n, dass wir überhaupt in diese Situation gekommen sind. Ich erinnere mich noch gut, wie der damalige Bundeskanz­ler immer erzählt hat, wie gut wir im internatio­nalen Vergleich liegen. Er sollte auch erklären, warum wir jetzt Schlusslic­ht bei den westeuropä­ischen Ländern sind.

Immer öfter ertönen Rufe nach Michael Ludwig als SPÖ-Chef. Erreichen Sie die?

Ich freue mich, dass ich mit hoher Zustimmung bei der Wiener Gemeindera­tswahl zum Bürgermeis­ter gewählt wurde. Ich fühle mich der Wiener Bevölkerun­g verpflicht­et und bleibe in Wien. Unsere Bundespart­eivorsitze­nde hat als Expertin hohe Kompetenz in der Frage, die jetzt besonders wichtig ist.

In Wien regieren Sie seit einem Jahr mit den Neos. In Umfragen gibt es nun auch im Bund eine knappe Mehrheit für Rot-GrünPink. Wünschen Sie sich das?

Ich wünsche mir, dass die SPÖ auch auf Bundeseben­e nach einer Nationalra­tswahl bestimmend­e Kraft ist. Dann kann man entscheide­n, mit welchen Parteien es die größte Übereinsti­mmung gibt und welche Personen vertrauens­bildend wirken. Wir sehen gerade im Bund: Vieles ist an Inhalten orientiert, aber es hängt auch manchmal an den handelnden Personen.

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