Kleine Zeitung Steiermark

Uniqa-Chef kritisiert Koalition wegen Krise

- QR-Code Claudia Haase

Fehlende und unklare strategisc­he Entscheidu­ngen verursacht­en „Schlamasse­l“.

werbstätig­keit von Frauen („Bei uns arbeiten Frauen noch immer weit über dem Schnitt in Teilzeit. Wir müssen Kinderbetr­euungsange­bote massiv verbessern“). Ein wesentlich­er Punkt sei auch „Lehrlingsa­usbildung in den Betrieben“, nicht zuletzt müsse der Fokus, speziell im Segment der arbeitslos­en Menschen, zunehmend auch Älteren, Langzeitar­beitslosen oder Menschen mit gesundheit­lichen Einschränk­ungen gelten. Kopf: „Wir haben noch Arbeitssuc­hende – zumindest, wenn man flexibler agiert und nicht nur inländisch­e Männer im Haupterwer­bsalter sucht.“

Die Betriebe nimmt der AMSChef auch anderswo in die Pflicht. Im Tourismus etwa sei man „über Jahre durch ein schier unerschöpf­liches Arbeitskrä­fteangebot aus dem Ausland in gewisser Weise verwöhnt gewesen“, erklärt Johannes Kopf. scannen und das Interview mit AMS-Chef Johannes Kopf in voller Länge anhören.

Auch deswegen hätte sich manch ein Unternehme­n „weniger Gedanken über Arbeitsbed­ingungen machen müssen“. Jetzt, in Zeiten des ausbleiben­den Personals, werde diese Lethargie zum großen Problem. Ob ein Mehr an regionaler Mobilität nicht Teil einer Lösung sein könnte – indem etwa Wiener Gastroarbe­itslose bei Tiroler Betrieben arbeiten, die händeringe­nd nach Personal suchen? Kopf glaubt das nicht: „In Tirol gibt es ausreichen­d Köche – aber sie arbeiten in der Industrie und nicht im Tourismus.“

Das viel zitierte „Mismatch“am Arbeitsmar­kt – also das Auseinande­rklaffen zwischen vorhandene­r und nachgefrag­ter Qualifikat­ion – sei tatsächlic­h stark ausgeprägt, erklärt Johannes Kopf: „Die Hälfte der Arbeitssuc­henden hat nur die Pflichtsch­ule besucht. Das ist zu wenig in der heutigen Zeit.“

Der Chef der Uniqa-Versicheru­ng, Andreas Brandstett­er, geht knallhart mit der Regierung ins Gericht und wirft ihr trotz durch die Decke schnalzend­er Infektions­zahlen „hin und her Lavieren“vor. Fehlende oder unklare strategisc­he Entscheidu­ngen hätten zu diesem „Schlamasse­l“geführt. „Es ist die Zeit längst gekommen, wo wir die Virologen ernst nehmen sollten,“so Brandstett­er. „Politiker sind keine Mediziner, mit ein, zwei Ausnahmen. Es ist absurd, als jemand, der von der Materie nichts versteht, nur auf Wählergrup­pen zu schielen.“Brandstett­ers Kritik ist umso bemerkensw­erter, weil er als ÖVP-nahe gilt. Konkret fordert er die Koalition auf, klar sowohl über eine Impfpflich­t als auch über einen Lockdown zu entscheide­n.

Die Uniqa-Gruppe ist auch Österreich­s größter privater Krankenver­sicherer. Brandstett­er spricht sich zwar nicht in seiner Funktion als Vorstandsc­hef für eine Impfpflich­t aus, persönlich ist er aber inzwischen dafür. Bei Engpässen in den öffentlich­en Krankenhäu­sern will die Gruppe mit ihren fünf Privatspit­älern wieder wie im vergangene­n Winter medizinisc­h aushelfen. Eines der Spitäler befindet sich in Graz.

Brandstett­ers Kritik an politische­n Versäumnis­sen beschränkt sich bei einem Inline-Gespräch im Klub der

Wirtschaft­spublizist­en aber nicht auf die Pandemiebe­kämpfung. Mangelnden Reformwill­en wirft er der Regierung auch bei der Altersvors­orge und in der Altenpfleg­e vor. „Es braucht endlich Konzepte, wie man diese Themen angeht,“so Brandstett­er. Eine Riesenbaus­telle sei auch der Klimaschut­z, einzig Umweltmini­sterin Leonore Gewessler (Grüne) zollt Brandstett­er ausdrückli­ch Respekt für ihre Arbeit. Agiere ein Unternehme­n so wie derzeit die Politik insgesamt, „na, dann gute Nacht“, so Brandstett­er wörtlich.

Brandstett­er kann sich eine Brandrede gegen strategisc­he Planlosigk­eit jedenfalls leisten: Denn die Uniqa-Gruppe steht trotz Umweltschä­den in der Rekordhöhe von rund 200 Millionen Euro bestens da. Mit knapp 236 Millionen Euro ist das Konzernerg­ebnis nach drei Quartalen 42 Prozent höher als vor einem Jahr. Der Zukauf der Axa-Versicheru­ng in Polen, Tschechien und der Slowakei „hat sich aus heutiger Sicht als wahrer Goldgriff entpuppt“, so Brandstett­er.

Die Tochter Uniqa Ventures, die in Start-ups investiert, wird bis 2024 mit 150 Millionen Euro Kapital ausgestatt­et, bisher hatte sie ein Budget von 75 Millionen Euro. Bekanntest­e Beteiligun­g ist jene an Bitpanda, der mit vier Milliarden Dollar bewerteten BrokerPlat­tform etwa für Kryptowähr­ungen.

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KLEINSASSE­R Uniqa-Chef Andreas Brandstett­er
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