Wie die Länder am Achensee den Takt vorgaben
In einem Tiroler Alpenhotel haben sich Bund und Länder geeinigt. Der Deal trägt die Unterschrift von Politikern der ÖVP, der SPÖ, der Grünen.
Die Symbolik ist zwar verheerend und wirft ein Schlaglicht auf aktuelle Machtbalance im Land, sinnvoll war es allemal: dass Bundeskanzler Alexander
und Gesundheitsminister
Mückstein am Donnerstagnachmittag von Wien aus ins 450 Kilometer entfernte Pertisau aufgebrochen sind, um die Landeshauptleute zu treffen – und nicht umgekehrt. Der Kanzler trudelte eine halbe Stunde früher am Achensee als Mückstein ein, letzterer musste sein E-Auto zwischendurch aufladen. „Wir hatten überlegt, uns von Wien aus per Video zuzuschalten“, heißt es in Regierungskreisen, „haben es aber schnell verworfen. Wenn so viel auf dem Spiel steht, muss man sich zusammensetzen.“is zwei Uhr früh saß man zusammen, Schallenberg, Mückstein und fünf der neun Landeshauptleute. (Oberösterreich) und
B(Salzburg) hatten sich für einen regionalen Lockdown entschieden und blieben zu Hause. war in Vorarlberg in Quarantäne,
hatte noch eine Landtagssitzung im Burgenland zu absolvieren und traf erst nach Mitternacht ein. Am Achensee haben die Landeshauptleute Geschichte geschrieben – und im Kampf gegen die Pandemie den Takt vorgegeben. Angesichts des Machtvakuums im Bund keine Überraschung. esonders lang währte das Tauziehen um den bundesweiten Lockdown. Der Vorstoß kam von Wiens Bürgermeister
der sich mit seinem Kärntner Kollegen Peter Kaiser und telefonisch mit SPÖChefin vorab auf diese Linie geeinigt hatte, Doskozil saß noch im Auto, war aber inhaltlich mit an Bord. Die schwarzen Landeschefs hatten zunächst keine
BFreunde damit, allerdings hatten sie keinen leichten Stand, weil Stunden zuvor der Oberösterreicher Stelzer und der Salzburger Haslauer den Alleingang geprobt hatten und aus der türkis-schwarzen Anti-LockdownPhalanx ausgebrochen waren. en größten Widerstand leistete Gastgeber der sich zu der Bemerkung hinreißen ließ. „Wenn das kommt, sind wir in Tirol (politisch) tot.“Platter verließ vorzeitig die Sitzung. Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau die in etwas mehr als einem Jahr Wahlen zu schlagen hat, sperrte sich über weite Strecken gegen bundesweite Ausgangsbeschränkungen, ebenso Bundeskanzler
Als erster ÖVP-Landeshauptmann schloss sich der Steirer Hermann Schützenhöfer dem Ludwig-Vorschlag an – in weiser Voraussicht: Die Steiermark hat derzeit zwar die niedrigsten In
Dzidenzen nach Wien, angesichts der ungebremsten Infektionsdynamik hätte Schützenhöfer womöglich in zwei Wochen die Notbremse ziehen müssen. Schließlich gaben Mikl-Leitner und Schallenberg klein bei – und den Widerstand auf. ei der Impfpflicht zählte Schützenhöfer zu den Wortführern. In dieser Frage ging es schneller. Als auch Ludwig wie auch Schallenberg auf den Kurs einschwenkten, war die Sache gelaufen. Der Steirer musste von der Idee einer Impfprämie Abstand nehmen, Mückstein, der nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten eine untergeordnete Rolle in der Achenseer Verhandlungsnacht spielte, drängte auf eine ordentliche Begutachtung, deshalb das Inkrafttreten am 1. Februar. Die Achensee-Vereinbarung trägt die Unterschriften von ÖVP, SPÖ und Grüne.
B
Die Schulen bleiben im Lockdown offen. Der Schulbetrieb wird in Präsenz fortgesetzt, der Stundenplan bleibt gleich. Zusätzlich gilt ab Montag für alle Schülerinnen und Schüler im gesamten Schulgebäude Maskenpflicht, ab der Oberstufe muss eine FFP2-Maske getragen werden. Die Präsenzpflicht wird ausgesetzt, Schularbeiten und Tests sollen nicht stattfinden. Regierung und Landeshauptleute appellieren gemeinsam, „dort, wo möglich, die Schüler zu Hause zu lassen“.
„Das Wesentliche ist: Die Schule ist offen, sie sorgt nicht nur für Betreuung, sondern auch für Unterricht“, betonte Bildungsminister Heinz Faßmann. Der Betrieb in der Schule sei durch engmaschige Tests abgesichert, gleichzeitig könne man die Klassen „entdichten“, indem die Eltern, die das können und wollen, ihre Kinder aus der Schule nehmen. Kinder, die zu Hause bleiben, werden mit Lernpaketen ausgestattet. Distance Learning sei dann möglich, wenn etwa eine ganze Klasse daheimbleibe, meinte Faßmann. Wenn die technischen Möglichkeiten vorhanden sind, könne außerdem auch ein synchroner Hybridunterricht stattfinden, bei dem der Präsenzunterricht per Kamera nach Hause übertragen wird.
gibt es kritische Stimmen zu den neuen Regeln. „Wir fühlen uns im Stich gelassen, wir erfahren Beschlüsse oft zuerst aus den Medien“, sagte etwa Michael Hiebler, der an der HAK/HAS Voitsberg unterrichtet. Am Montag solle dann aber dennoch alles funktionieren: „Ich halte nichts von der Lösung eines Schulbetriebs für Freiwillige. Wofür haben wir so ein ausgeklügeltes Testsystem an den Schulen?“
Eva Ponsold, Direktorin des Grazer Wiku-Gymnasiums, will am Wochenende die Eltern informieren, wie es genau weitergeht. „Aus pädagogischer Sicht hat jedenfalls nur Präsenzbetrieb mit Tests, Distance Learning oder zur Not Schichtbetrieb Sinn, aber nicht die Lösung, dass jeden Tag aufs Neue unklar ist, wie viele Kinder kommen und wie viele daheimbleiben.“Ilse Schmid vom Steirischen Landesverband der Elternvereine begrüßt zwar, dass es weiterhin Präsenzunterricht gibt: „Diese Regelung wälzt aber vieles auf die Rücken der Eltern ab.“Denn einerseits gebe es den Appell, dass die Eltern ihre Kinder besser nicht in die
Meixner: „Verlässlichkeit für Eltern“
Schmigelski: erleichtert über offene Schulen
Schule schicken sollen, andererseits aber auch kein flächendeckendes Distance Learning. „Die Eltern haben damit den schwarzen Peter. Schicken sie die Kinder nicht in die Schule, müssen sie sich um ihren Lernfortschritt kümmern.“Schmid denkt aber nicht, dass viele Eltern ihre Kinder daheim betreuen werden: „Das geht für viele ja auch beruflich schwer.“
An eine große Präsenz in den Klassenzimmern glaubt auch der AHS-Lehrergewerkschafter Herbert Weiß: „Bereits in den vergangenen Lockdowns sind sehr viele Kinder in die Schule gekommen. Zudem findet jetzt ja auch Unterricht statt und nicht allein Betreuung.“Beides, Fernlehre und Präsenzunterricht, wäre für die Lehrer nicht möglich gewesen: „Wir können uns ja nicht zweiteilen.“
Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner (ÖVP) versteht den Unmut: „Wir hätten uns natürlich alle gewünscht, dass kein weiterer Lockdown nötig wird, doch die Impfquote ist dafür leider zu niedrig.“Sie begrüßt aber, dass es für die Eltern „Verlässlichkeit“gebe: „Sie wissen, dass ein regulärer Unterricht nach Stundenplan stattfinden wird, und können selbst entscheiden, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken.“Heute bespricht sich Meixner mit den Schulqualitätsmanagern: „Wir wollen den Schulen in den kommenden Wochen so viel Hilfestellung wie möglich geben.“