In der Falle
Wieder Lockdown. Diesmal aber sitzen wir mit dem Gefühl in der Falle, das wäre nicht notwendig gewesen – das gilt für den Lockdown wie auch für die Impfpflicht.
Da ist er also wieder, der Lockdown. Eigentlich hat man uns ja versprochen, es sollte keinen mehr geben, die Pandemie wäre so gut wie vorüber, zumindest für die Geimpften. Das große Wort, zu früh und zu leichtfertig in den Mund genommen, fällt nun denen auf den Kopf, die es gebrauchten: Sebastian Kurz und seiner Regierung. Der Erbe, Alexander Schallenberg, musste gestern zähneknirschend das Dementi bekannt geben.
Schwerer noch wiegt der Beschluss, mit Februar eine Impfpflicht einführen zu wollen. Das hat die Regierung bisher stets kategorisch ausgeschlossen. Zu selbstgewiss hat man darauf vertraut, die Bevölkerung werde auch ohne äußeren Zwang die Chance ergreifen, in einer gemeinsamen Großanstrengung das Virus in die Schranken zu weisen. Das war ein Irrtum. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein fand für die Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen der letzten Monate gestern klare Worte der Entschuldigung. Der Kanzler beließ es zunächst bei Erklärungsversuchen. In der abendlichen Zib2 bat auch er dann um Entschuldigung. Erstaunlich unvorsichtig versprach die Regierung, der Lockdown werde „längstens“bis 12. Dezember dauern. Hätte man aus den enttäuschten Versprechen der Vergangenheit gelernt, hätte man den Zusatz hinzugefügt – „sofern es die Lage gestattet“.
Nun also sitzen wir wieder in der Falle und diesmal mit dem Gefühl, es wäre nicht notwendig gewesen. Das Geheul, das die FPÖ nun anstimmt, ist besonders ärgerlich. Keine Kraft im Land hat mehr dazu beigetragen, dass dieses grobe, problematische und kostspielige Instrument noch einmal zum Einsatz kommen muss. Sogar der oberösterreichische FPÖChef Manfred Haimbuchner, in dessen Bundesland die Impfquoten besonders nieder und die Ansteckungswerte besonders hoch sind, warf sich mit Verve in die Schlacht gegen die Beschlüsse. Aus Herbert Kickls
Parteizentrale hört man: „Österreich ist mit heutigem Tag eine Diktatur!“
Wovon redet der Mann eigentlich, der keine Gelegenheit ungenutzt vorüberziehen lässt, in den Menschen Zweifel an Impfungen zu wecken und Widerwillen gegen Covid-19-Maßnahmen? Eine demokratisch gewählte Regierung trifft eine Entscheidung, die das Parlament noch beschließen muss und die der Verfassungsgerichtshof prüfen wird. Diktatur? Was, möchte man Kickl fragen, sollte eine Regierung sonst tun? Warten, bis die Intensivstationen überquellen? Vor Krankenhäusern, in denen erschöpftes Personal um das Leben der Patienten kämpft, zu demonstrieren, ist jedenfalls kein hilfreicher Beitrag. ie Regierung steht nun vor der schwierigen Aufgabe, ein verfassungskonformes, praktikables Gesetz durchs Parlament zu bringen. Dass man sich zur Begutachtung dieser heiklen Materie viel Zeit lässt, zeigt, dass die Regierung aus legistischen Debakeln der Vergangenheit gelernt hat. Auch nicht gerade typisch für Diktaturen.
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