Weniger Stiche für Diabetiker
Thomas Pieber und sein Forscherteam wollen DiabetesKranken helfen. Sie erhalten dafür einen dänischen Preis.
Für Kinder und Jugendliche ist sie besonders schmerzhaft: die Nadel in den Bauch, die bei der Zuckerkrankheit Diabetes Typ 1 regelmäßig nötig ist. Thomas Pieber (60) will zumindest dafür sorgen, dass die Nadel nicht so oft zum Einsatz kommen muss. Für seine Forschung hat der Leiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Med Uni Graz gemeinsam mit seinem Team einen Preis erhalten. Die dänische Stiftung „Novo Nordisk Foundation“verleiht ihn heuer zum ersten Mal. Dotiert ist er mit zwei Millionen dänischen Kronen – oder umgerechnet rund 270.000 Euro.
Typ-1-Diabetes wird – anders als Typ-2-Diabetes – nicht durch ungesunde Ernährung oder Übergewicht ausgelöst. Grund dafür, dass Menschen erkranken, ist meist eine Autoimmunreaktion. Viele Diabetiker sind dann auf eine Insulinpumpe angewiesen. Das Insulin soll den Blutzucker im Gleichgewicht halten. Pieber erklärt: „Damit das Insulin in den Körper kann, muss man eine Nadel in die Haut stechen, da ist ein Schlauch dran und über den wird das Insulin in das Fettgewebe gepumpt.“Das Problem: der Insulinkatheter gehört derzeit spätestens alle drei Tage gewechselt. Das bedeutet: zumindest alle drei Tage ein Stich. Und der tut nicht nur weh. Die Katheter sind mit 30 bis 40 Euro pro Stück auch teuer. Bei rund 120 Kathetern, die ein Erkrankter im Jahr braucht, kommen da ganz schöne Summen zusammen, sagt Pieber. Er und sein Team sind draufgekommen, dass man die Katheter eigent
lich länger verwenden könnte. „Man sieht aber von außen nicht, wann man das kann und wann nicht. Wir können das aber relativ einfach messen.“Das Ziel ist, eine Art Ampel zu entwickeln, die auf der Insulinpumpe anzeigt: Der Katheter kann bleiben (grün), er ist in den nächsten Stunden zu wechseln (gelb) und er muss sofort raus (rot). Damit kann der Katheter oft sieben Tage oder mehr derselbe bleiben.
Mit Diabetes beschäftigt sich Pieber bereits seit drei
Jahrzehnten. Als ausgebildeter Diabetologe hat er schon sehr früh mitbekommen, mit welchen Problemen die Patienten zu kämpfen haben. „Da beginnt man, nachzudenken, wie man das eine oder andere Problem lösen könnte. Mich motiviert, dass am Ende der Forschung etwas rauskommt, das Patienten nützt und ihnen hilft“, sagt der 60-Jährige, der Vater von vier Kindern ist. unächst wollte Pieber Jus studieren, dann entschied der gebürtige Salzburger sich doch für die Medizin. In Graz, Deutschland und in den USA machte er seine Ausbildung. Abseits der Arbeit ist er am liebsten in den Bergen. „Da erhole ich mich und komme auch gut zum Nachdenken, über die Herausforderungen, die es in Bezug auf Diabetes noch gibt.“
Das Preisgeld, das sich der Wahl-Steirer nächste Woche bei einem großen Symposium in Kopenhagen abholen wird, soll in eine klinische Studie fließen. Dabei wollen die Wissenschaftler noch genauer untersuchen, wie der Katheterwechsel in Zukunft funktionieren soll. ieser Aspekt ist übrigens nur ein Baustein in einem größeren Projekt, sagt Pieber. „Wir wollen am Ende die Behandlung von Diabetikern mit superintelligenten, sehr kleinen Insulinpumpen erleichtern.“Dafür brauche es aber noch Zeit. „Die Forschung ist aufwendig“, sagt Pieber. Und: „Man braucht dazu ein ganzes Team.“Er betont, dass er den dänischen Preis nur stellvertretend entgegennimmt, ohne seine Kolleginnen und Kollegen wäre die Forschung nicht möglich gewesen.
ZD