Bürgermeister im Königreich
Mit 26 wurde Hermann Grassl im Jahr 1986 Bürgermeister von Hartl. Damals war er der jüngste Österreichs, heute ist er der am zweitlängsten dienende in der Steiermark.
In der ländlichen oststeirischen Gemeinde Hartl erfreut sich ein T-Shirt mit dem Spruch „Hartl ist ein Königreich und rundherum liegt Österreich“großer Beliebtheit. Es wird getragen, um mit Augenzwinkern zu dokumentieren, dass man stolz auf seine angestammte Heimat ist. Ein solches huscht auch LangzeitBürgermeister Hermann Grassl übers Gesicht, als er ein solches Leiberl in die Hand nimmt: „Die Idee dafür wurde noch unter meinem Vorgänger in der Jungen ÖVP geboren.“
Nach dem plötzlichen Tod seines Amtsvorgängers im Dezember 1986 hieß es für den damals blutjungen Vizebürgermeister, ins kalte Wasser zu springen. Mit 26 nahm Grassl auf dem Bürgermeistersessel Platz. Dort sitzt er bis heute. Fester denn je, denn der hemdsärmelige Machertyp hat über die Jahrzehnte aus Hartl eine wahre Vorzeigegemeinde gemacht. So belegte man beim Bonitätsranking in der Österreich-Wertung zuletzt den hervorragenden 10. Platz. In der
Steiermark ist man seit nunmehr vier Jahren die Nummer eins. Eine sehenswerte Bilanz. D er große wirtschaftliche Aufschwung setzte für Hartl mit der Schaffung eines Gewerbeparks vor 18 Jahren ein. Aus drei Hektar wurden mittlerweile 13. Als Leitbetrieb fungiert an diesem attraktiven Wirtschaftsstandort, durch den knapp 700 Arbeitsplätze geschaffen werden konnten, der Obst- und Gemüsegroßhändler Frutura. Die Einnahmen aus der Lohnsummensteuer fließen vielfach in die Infrastruktur wie den raschen Breitbandausbau. „Ende des Jahres wird jeder Haushalt in unserer Gemeinde die Möglichkeit zum Anschluss ans Glasfasernetz haben“, betont der Anfangssechziger. eine strategische Begabung und Bauernschläue stellte Grassl bei der 2015 umgesetzten Gemeindefusion unter Beweis. Hartl schaffte es, eigenständig zu bleiben. Obendrein wurden die Nachbargemeinden Tiefenbach und Großhart „annektiert“. Das sorgte da wie dort für böses Blut und schlug sich auf das Wahlergebnis nieder. Die Dominanz der ÖVP im Gemeinderat war für eine Periode etwas geschmälert, aber: „Die Wogen von damals haben sich längst wieder geglättet“, erklärt der äußerst bodenständige Lokalpolitiker.
Entspannung findet der dreifache Familienvater bei der Arbeit am Bio-Hof, den mittlerweile Sohn und Schwiegertochter führen, oder beim Wandern. Die größte Freude stellen für Grassl seine vier Enkelkinder dar: „Da geht mein Herz auf.“Es schlägt aber auch noch kräftig für das Bürgermeisteramt – und das wohl noch etliche Jahre.
S