Kleine Zeitung Steiermark

Ein „Weiter so!“ist für die ÖVP unmöglich

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So wie es war, so kann es nicht bleiben. Eine moderne politische Kraft, die muss die besten Köpfe zulassen. Ganz gleich, ob sie ein Parteibuch haben oder nicht. Und auch egal, aus welchem Bundesland sie kommen“. Es war der 12. Mai 2017, als Sebastian Kurz mit dieser Ansage vor die Öffentlich­keit trat. Soeben war Reinhold Mitterlehn­er zurückgetr­eten – zermürbt von jener eingeschwo­renen Kurz-Truppe, die nicht nur den Umbau der von Bünden und Ländern getragenen und solcherart erstarrten Volksparte­i in eine zentral orchestrie­rte Bewegung zum Ziel hatte, sondern auch ihr ganz konkretes „Projekt Ballhauspl­atz“.

Heute, fast auf den Tag genau fünf Jahre später, ist nicht nur Sebastian Kurz endgültig Geschichte, sondern auch sein türkises ÖVP-Konzept.

Doch sind es die „besten Köpfe“, die sein Nachfolger Karl Nehammer nach dem jüngsten Regierungs­umbau hier versammelt hat? Es sind jedenfalls die besten, die sich in Zeiten wie diesen politisch zur Verfügung stellen – und sie bringen nicht weniger mit als die Köpfe des Sebastian Kurz. Nur dass statt persönlich­er Nibelungen­treue wieder der innerparte­iliche Bund-Länder-Abgleich Grundbedin­gung ist.

Die Feuertaufe steht Nehammer freilich noch bevor, nämlich die tatsächlic­he Neuausrich­tung der Partei. Auch wenn eine generelle Kriminalis­ierung abzulehnen ist: Die Masse an Verdachtsf­ällen – bis hin zu einem datenlösch­enden Vorarlberg­er Landeshaup­tmann – macht ein „Weiter so“unmöglich. Was spricht gegen Einsetzung einer Grundsatzg­ruppe, die – wie von Heinrich Neisser in der FURCHE angedacht – nicht nur die Zukunftsfä­higkeit der föderalen und bündischen Struktur diskutiert, sondern auch, wie sich die lange vernachläs­sigten christlich-sozialen Wurzeln ins Heute buchstabie­ren lassen? Es wäre auch ein wichtiger Schritt zur „Wiederhers­tellung einer innerparte­ilichen Diskussion­skultur“, die der kürzlich verstorben­e Erhard Busek propagiert­e. as wird nicht einfach. Aber ein „Lernender“wie Karl Nehammer könnte es wagen.

Nicht nur Sebastian Kurz ist endgültig Geschichte, sondern auch sein türkises Konzept für die Volksparte­i.

Dist Chefredakt­eurin der Wochenzeit­ung „Die FURCHE“.

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