Vom größten denkbaren Glück
Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Institut für Philosophie TU Dresden L etzter Abend, bevor alles zu Bruch geht… Die Abschiedsworte Jesu sind im Staccato gesprochen, knapp, eindrücklich, unerschöpflich. Und sie haben zwei Ziele: zuerst einen Blick auf Gott, in sein innerstes Leben hinein – keine Religion kennt einen ähnlichen Text; danach einen Auftrag an „meine Kinder“.
Der Blick ins Innerste Gottes greift zu einem ungewöhnlichen Wort: verherrlichen. Fünfmal wird es gesagt. Was ist Herrlichkeit? Gloria, doxa, kabod heißt sie in den drei „heiligen Sprachen“. Sie hat mit Glanz zu tun, mit Macht und Durchsetzung, mit letzter Klarheit. Alles, was bisher an diesem merkwürdigen Menschen verborgen war, wird strahlend sichtbar werden: Ja, er war, er ist Gott. Eine unbegreifliche, unerhörte Beziehung tut sich auf: In Gott ist flutendes Leben zwischen Vater und Sohn. Niemand wusste bisher davon, auch nicht Israel, aber bald werden es alle wissen. Und das ist gesagt in der Nacht des Absturzes, kurz vor der äußersten Vernichtung Jesu. Wie überhaupt in dieser letzten Stunde kein Wort der Trauer kommt, sondern Worte des Sieges. Endlich, in Kürze, strahlend wird die Wahrheit aufgehen; sie wird blenden wie der Blitz am Ostermorgen.
U nd dann fällt das zärtliche Wort „meine Kinder“– so etwas wurde vorher nie gesagt. Was zwischen Vater und Sohn flutet, soll auch zwischen ihnen hin- und hergehen. Nun macht die Gottheit sich selbst auf: Ihr Leben strömt über auf die Menschen. Liebe meint nicht die übliche Freundschaft, die karitative Hilfe. Sie ist: Anteil am Herzen Gottes. Man scheut sich, das niederzuschreiben.