Schnittpunkte und Bruchstellen
Die Camera Austria beleuchtet das filmtheoretische Werk von Laura Mulvey und Peter Wollen.
In einer beeindruckenden Dokumentation der amerikanischen Videokünstlerin Kerry Tribe aus dem Jahr 2002 führt Peter Wollen (1938– 2019) ein philosophisches Gespräch mit seiner damals neunjährigen Tochter. Er fragt das Mädchen danach, was ein Bild sei, eine Fotografie, und ob ein Foto Verweis sein kann auf Vergangenes. Und sie antwortet etwa, im Bild sei nur eine Person zu sehen, sie ist es nicht selbst. Die Fotografie erzählte von der Vergangenheit, Künftiges könne sie direkt nicht vermitteln. Gleichermaßen sage das Foto nichts über die Person aus, die es aufgenommen hat.
Die britischen Filmtheoretiker Laura Mulvey (geb. 1941) und Peter Wollen waren mit ihren Schriften zu Ende des vorigen Jahrhunderts maßgeblich an der Vermittlung des narrativen und des Avantgarde-Kinos beteiligt. Vor allem waren es die Schnittpunkte (Intersections) des Independent-Films der 70er-Jahre mit der zeitgenössischen Kunst, mit Feminismus, Geschlechterdiskurs und Psychoanalyse, die von den beiden Autoren theoretisiert wurden und in filmische Dokumentationen einflossen.
Für die Werkschau in der Camera Austria haben die Kuratoren Oliver Fuke und Nicolas Helm-Grovas eine Reihe von Beispielen ausgewählt, in denen Mulvey und Wollen sich an kulturhistorische Bruchstellen begeben. „Penthesilea: Queen of the Amazons“(1974) etwa ist eine Untersuchung um Kleists Bühnenstück in einer Reflexion der Geschlechter und der Dominanz männlicher Mythen. Von 1977 stammt „Riddles of the Sphinx“, in dem die Position von Frauen im Film diskutiert wird.
Daneben sind in der Ausstellung Autografen zur Konzeption ihrer Arbeiten zu sehen, in fließenden Grenzen zwischen inhaltlicher Analyse und künstlerischer Aufbereitung.
Intersections in Theory, Film, and Art. Bis 14. August, Camera Austria, Lendkai 1, Graz. camera-austria.at