Kleine Zeitung Steiermark

Steirische Apotheker fürchten Rezept-Chaos

Das E-Rezept könnte um drei Monate verschoben werden. Doch auch das wird knapp.

-

Per 1. Juli sollen Rezepte auf Papier Geschichte sein. Auch die seit Coronabegi­nn gelebte Praxis, dass Verschreib­ungen vom Arzt telefonisc­h über die Sozialvers­icherungsn­ummer hinterlegt werden, ist dann nicht mehr vorgesehen. Stattdesse­n startet das E-Rezept, das über die ECard verordnet wird. So ist der Plan. Doch die Zeichen verdichten sich, dass das Unterfange­n verschoben wird. Nicht zuletzt, weil den Apotheken E-Card-Lesegeräte fehlen – 5000 davon sollen es österreich- weit sein.

Die steirische Ärztekamme­r reagiert enttäuscht auf die offenbar bevorstehe­nde Verschiebu­ng. „Wir wären bereit“, sagt Alexander Moussa. Immerhin könne man nun noch einige offene Probleme beheben – etwa, dass Privatreze­pte nicht elektronis­ch abgearbeit­et werden können. Für die niedergela­ssenen Mediziner sei außerdem unverständ­lich, dass einige Präparate, beispielsw­eise Schmerzmit­tel, weiter nur per Fax verschrieb­en werden können. „Für den Patienten sollte es einfacher werden“, betont Moussa.

Schwierig erscheint ihm auch, dass Ärzte künftig nur reduzierte­n Zugriff auf die elektronis­che Gesundheit­sakte Elga haben: „Nämlich 90 Tage nach jedem Besuch. Man müsste also alle drei Monate beim Arzt die Karte stecken. Für Menschen mit Dauermedik­ation oder Schmerzpat­ienten ist das schwierig.“

Die Verschiebu­ng ist dem Anschein nach für drei Monate angedacht: „Doch ich fürchte, das wird nicht ausreichen“, so Gerhard Kobinger, Präsident der steirische­n Apothekerk­ammer. Denn: „Wir bekommen die fehlenden Geräte frühestens im September.“

Während der Vorsitzend­e der Konferenz der Sozialvers­icherungst­räger, Peter Lehner, die Vorwürfe bereits am Donnerstag zurückgewi­esen hat, bleibt Kobinger dabei – mehr noch: „Die Schnittste­llen von Ärzten zur Datenbank und von dort in die Apotheken funktionie­ren nicht einwandfre­i.“So hätte sich gezeigt, dass bei einem E-Rezept mit mehreren Medikament­en nicht immer alle sofort in der Apotheke auslesbar sind. „Außerdem ist unklar, wie Institutio­nen, etwa Heime, mit den neuen Regeln umgehen. Sie müssten mit allen E-Cards in die Apotheken kommen, das kann nicht funktionie­ren.“Offen sei laut Kobinger zudem, wie man mit Verordnung­en von Infusionen oder dem zugehörige­n Besteck verfahren müsse.

Für die Apotheker bedeute das: „Wir brauchen mehr Zeit, hätten gerne bis Jahresende, um das System ohne Chaos zu starten.“Es müsse noch rund werden, „alles andere ist uns zu gefährlich“. Bis dahin plädiert Kobinger für eine Verlängeru­ng der kontaktlos­en Verordnung – „es ist ein Sicherheit­ssystem, das funktionie­rt und bis Ende 2022 bleiben sollte“. Sind alle Mängel ausgeräumt, „stehen die Apotheken selbstvers­tändlich zum E-Rezept“.Michael Kloiber

 ?? FUCHS ?? Gerhard Kobinger, Apothekerk­ammer
FUCHS Gerhard Kobinger, Apothekerk­ammer

Newspapers in German

Newspapers from Austria