Fabrik der Zukunft in der Gegenwart
Wie der Mobilfunkstandard 5G Fabriken intelligenter machen kann, zeigen echte Anwendungen in der SmartFactory der TU Graz. Und man erkennt auch die Tücken, die mit der neuen Technologie einhergehen.
Ein kurzer Blick auf die CNC-Fräse und schon zeigt die smarte Brille den aktuellen Betriebszustand der Maschine direkt am Brillenglas an. Der Werkzeugkasten steht bereit, der Maschinenführer hält die Handykamera vor ein Fräswerkzeug und bekommt sofort die Bestätigung, dass es zum nächsten Produktionsschritt passt. Das alles ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern kann in der Smart-Factory der TU Graz im Echtbetrieb getestet werden.
Zumindest, wenn der Vorführeffekt nicht zuschlägt. Doch mitten in der Präsentation vor den Projektpartnern von Ericsson, Magenta und TSystems verlangt eine Software nach Lizenzverlängerung. Die Forscher sehen das Hoppala pragmatisch. „Die
Smart-Factory wurde gebaut, um vernetzte Industrieprozesse in Echtzeit zu erproben und daraus zu lernen – ganz ohne finanziellen Druck eines Industriebetriebs“, sagt Franz Haas, Vorstand des Instituts für Fertigungstechnik. Und eine Lernerfahrung sei eben, dass man auch die Softwarelizenzen stets müsse.
Doch zurück zu den beiden Beispielen: Möglich gemacht werden sie durch ein eigenes 5G-Campus-Netz, das in der kleinen Fertigungshalle installiert ist. An mehreren Produktionsmaschinen kann hier die Praxistauglichkeit der vernetzten Industrie getestet werden. Vier Millionen Euro wurden dafür von der TU und den Industriepartnern investiert. Einer davon ist der Mobilfunkausstatter Ericsson. „Hier steht
im
Auge
haben eines von vielleicht 30 5GCampus-Netzen, das bereits auf kommerziellem Niveau ist“, erklärt Joe Wilke, Industrie-4.0-Experte bei Ericsson, und erinnert daran, dass der neue Mobilfunkstandard vor allem für die Industrie entwickelt wurde.
Entscheidend sei dabei eine garantierte Netzgeschwindigkeit, erklärt Werner Kraus, CCO bei Magenta Business. Der Handynutzer kennt das ja: Theoretisch hat man sehr hohe DownloadGeschwindigkeiten. Doch
am Wochenende kann die Realität dann ganz anders aussehen. Im Industriebereich sei das undenkbar, sagt Kraus. Deshalb funktionieren solche 5G-Campus-Netze auch nur mit speziellen SIM-Karten, kein anderer Handynutzer kommt in dieses. So könne man nicht nur fixe Bandbreiten und extrem schnelle Datenübertragung garantieren, sondern führe auch eine weitere Sicherheitsebene ein, erklärt Kraus.
Vor allem mittelständische Unternehmen könnten stark von solch intelligenten Fabriken profitieren, ist Vincent Maholetti überzeugt. Dafür müsse sich in den Unternehmen jedoch das Verständnis für Produktion zum Teil ändern, sagt der Experte des Software-Unternehmens T
Systems. Insellösungen für das eigene Unternehmen seien in einer vernetzten Wirtschaft problematisch. Denn zur Verbesserung von Produktionsprozessen brauche es Maschinendaten. Mehr Daten, als sie nur ein einziges Unternehmen liefern könne. Erst dieser Ozean von Daten unterschiedlicher Firmen mache die Fabrik der Zukunft wirklich effizient. Daher sind die Vertreter der Wirtschaft auch einhellig der Meinung, dass es für den Übergang der Industrie zur Smart Factory vor allem offene Standards brauche und keine teuren, proprietären Software-Lösungen. „Nur so können auch kleinere Unternehmen von den Innovationen durch 5G profitieren“, sagt MagentaManager Kraus.