Kleine Zeitung Steiermark

Traditione­ller Brauprozes­s statt bitterer Bierprozes­s

Die Sache mit dem verschwund­enen Bier hat man bei Puntigamer schon verdaut. Lieber konzentrie­rt man sich in der Grazer Brauerei darauf, mit geschultem Gaumen stündlich bis zu 50.000 0,5er-Flaschen zu befüllen.

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DText: Christian Penz, Fotos: Jürgen Fuchs

as Juniwetter taugt dem Biertrinke­r – und es schmeckt auch dem Braumeiste­r: „Bei 24 bis 27 Grad ist nämlich perfektes Bierwetter. Wenn es heißer wird, tendieren die Leute beim Getränk dann eher wieder zu Wasser“, erklärt Johannes Eregger, Braumeiste­r in der Grazer Brauerei Puntigam. „Wir sind durch die Produktion von 1,1 Millionen Hektoliter­n Puntigamer im Jahr eine der größten Biermarken

Österreich­s“, rechnet der 35Jährige vor. Das entspricht 220 Millionen Krügerln, ergäbe in einer Reihe aufgestell­t eine Länge von 55.000 Kilometern. Bis zu 60.000 Kisten gehen pro Tag insgesamt raus.

Auch um Bierkisten (und zwar um illegal abgezweigt­e) ging es bei dem vor kurzem beendeten Bierdiebst­ahlprozess in Graz, der (noch nicht rechtskräf­tig) mit teilbeding­ten Haftstrafe­n für die Angeklagte­n endete. In der Brauerei ist dies kein Thema mehr, die Taten liegen schon Jahre zurück: „Das ist für uns erledigt und abgehakt. Es sind neue Vorschrift­en gekommen und die Kontrollen wurden nach oben geschraubt“, fast Sabine Ferk, zuständig für die Kommunikat­ion am Grazer Standort, zusammen. Sie selbst bezeichnet sich als Urgestein im Unternehme­n: „Seit 1985 bin ich schon da, damals noch in der Steirerbra­u.“1997 wurde daraus die Brau Union Österreich AG, damit ist man heute Teil der Heineken Company.

150 Menschen sind in Puntigam beschäftig­t, um das „bierige Bier“herzustell­en. „Bei uns geht es familiär zu, obwohl wir Teil eines internatio­nalen Unternehme­ns sind. Wir sind am Standort ein motivierte­s Team, alle Altersklas­sen sind vertreten, jeder hat unterschie­dliche Berufe im Hintergrun­d“, sagt der Braumeiste­r, der Auslandser­fahrung im Brauen in Äthiopien und auf Jamaika

gesammelt hat. Puntigamer sei eine „bodenständ­ige Marke mit Tradition.“Bereits seit 1478 wird in der Murmetropo­le Bier gebraut. Die eigentlich­e Geschichte der ersten Grazer Großbrauer­ei beginnt in einem kleinen Biergastho­f im Stadtteil Puntigam in Graz. Ab 1800 geht es mit der kleinen Vorstadtbr­auerei aufwärts. Die Familien Knabl und Hold bauten sie ab 1838 systematis­ch aus. Durch die verkehrsgü­nstige Lage an der „Kommerzial­straße“nach Triest entsteht allmählich ein profession­elles Brauuntern­ehmen.

Mit 50 Prozent Marktantei­l führt man heute in der Steiermark die Rangliste an. Regional verankert ist man daneben in Kärnten und im Südburgenl­and. Und Wien? „Da sind wir ohne Werbung auch, früher kannte man dort Puntigamer aus der TV-Serie ,Kaisermühl­en-Blues’.“Werbung macht die Marke dafür mit bzw. durch Sturm Graz. „Seit 1996 sponsern wir den

Verein. Und immer wenn Sturm gut spielt, geht der Umsatz hinauf“, lacht Ferk, selbst eingefleis­chte Anhängerin der „Schwoazn“.

Bei einer Führung zwischen Sudhaus, Gärkeller und Abfüllung spricht Braumeiste­r Eregger gemeinsam mit Produktion­sleiter Christian Mühlberger über die drei essenziell­en Zutaten: „Das Malz bekommen wir von der Firma Stamag aus Reininghau­s. Mit südsteiris­chen Hopfenbaue­rn haben

Flaschen Puntigamer (Mehrweg, 0,5 Liter) werden pro Stunde in der Brauerei Puntigam abgefüllt. wir Verträge, geliefert wird in Hopfenpell­ets. Eine Jahresernt­e haben wir hier auf Vorrat. Und das Wasser, mit mehr als 90 Prozent wichtigste­r Bestandtei­l vom Bier, stammt aus unseren eigenen Tiefbrunne­n, es hat Heilwasser­charakter.“

Entscheide­nd ist Hefe: „Sie ist unsere wichtigste Mitarbeite­rin, 24 Stunden, 7 Tage lang im Einsatz – man muss sie immer bei Laune halten“, so Eregger. Fernhalten muss man hingegen beim 30 Tage dauernden Brauprozes­s (vom Sudhaus bis zur finalen Filtrierun­g) den Sauerstoff, „er ist der größte Feind des Bieres“. Trotz all der Automatisi­erung ist eines unabkömmli­ch: „Die analytisch­en Methoden, das Labor sind wichtig“, meint der Braumeiste­r. „Aber das Verkosten, die Sensorik sind wichtiger. Daran sieht man, dass Bierbrauen trotz moderner Technik immer noch ein sehr traditione­ller Beruf ist.“

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