NIKI POPPER ÜBERS GESTALTEN „Ich simuliere nur, ich rette nicht die Welt“
Seit Covid-19 kennen ihn alle. Niki Popper ist Komplexitätsforscher und Simulationsexperte. Ein Gespräch über die Grenzen von Modellen und Ethik.
Kann man die Welt über Modelle besser verstehen? Niki Popper meint, es sei insgesamt nie ganz leicht, die Welt zu verstehen, aber „Modelle ermöglichen uns, in manchen Bereichen die Essenz rauszuziehen. Ich kann einen Fokus darauf legen, was ich mir anschaue und anderes weglassen.“Wichtiger Nachsatz: „Modelle bilden aber nie die Realität ab, es sind eben immer nur Modelle.“Man könne sich unserer komplizierten Welt damit also schrittweise nähern.
Den österreichischen Simulationsforscher Niki Popper (48) kennt spätestens seit
Beginn der Covid-19-Pandemie wohl jeder in Österreich. Seine Modelle und Simulationen waren und sind Diskussionsgrundlage für politische und gesellschaftliche Entscheidungen, die Kompetenz im Bereich des Gesundheitswesens hat er sich – gemeinsam mit seinem Team – schon seit vielen Jahren aufgebaut.
Doch Modelle können nicht nur hilfreich sein, wenn es um Auswirkungen von Maßnahmen bei einer Pandemie geht. Auch bei großen Herausforderungen, wie Mobilität oder Bodennutzung, können Simulationen helfen, einen demokratischen Dis
kurs anzustoßen. Um gesellschaftliche Hebel deutlich zu machen, hat Niki Popper gerade gemeinsam mit Ursel Nendzig ein Buch geschrieben. „Ich simuliere nur“heißt es und an einer Stelle geht es um ein Modell aus dem Jahr 1972. In diesem Jahr veröffentlichte der Thinktank „Club of Rome“einen Report inklusive eines Modells, das die Grenzen des Wachstums darstellte. Die simple Aussage: Unbeschränktes Wachstum ist nicht möglich, weil die Ressourcen auf dieser Welt endlich sind. Seitdem ist der weltweite Ressourcenverbrauch jedoch um ein Vielfagestiegen. Was hat die Welt also aus diesem Modell gelernt? „Zynisch könnte man sagen: nix. Doch das glaube ich nicht. Wenn ich mir denke, wie ich aufgewachsen bin und was meine Eltern über die Welt dachten und was jetzt hingegen meine Kinder denken, unterscheidet sich das massiv. Viele Kolleginnen und Kollegen aus der Klimaforschung werden trotzdem fragen, ob das schnell genug geht, aber ich denke, dass wir schon große Schritte gemacht haben. Nämlich zu verstehen, dass die Welt kein linearer Prozess ist und Wachstum nicht immer möglich ist, wenn
QR-Code mit dem Handy scannen und gleich direkt in den „fair& female“Podcast hören.
Ressourcen limitiert sind.“Doch jedes Modell hat Grenzen. „Ich bin der Letzte, der sagt, mit Modellen könne man die Welt retten. Ich simuliere nur. Wir können Wirkmechanismen zeigen und wir können Diversität abbilden.“
Um genau das zu erreichen, werden Modelle aus vielen unterschiedlichen Perspektiven programmiert, gerade im Gesundheitswesen. „Früher wurden Therapien etwa immer für weiße, mittelalte Männer entwickelt. Wir bemühen uns, Modelle zu bauen, die den Nutzen für verschiedene Menschen nachvollziehbar maches chen.“Gibt es für Niki Popper auch Themen, die er ablehnt, weil sie an ethische Grenzen stoßen? „Ich frage mich natürlich immer: Was ist der Zweck eines Modells und kann ich diesen Zweck gutheißen. Wenn nicht, mache ich es nicht. Aber es gibt und gab andere Fragestellungen, wie etwa bei Covid, da bauen wir zwar die Mechanismen nach, wir versuchen aber, uns aus einer Bewertung herauszuhalten. Ob ich zu einem bestimmen Zeitpunkt aus persönlichen Gründen für oder gegen bestimmte Interventionen bin, darf in unserem Forschungsbereich keine Rolle spielen.“
blau
Haarfarbe: dunkelblond (schwarz gefärbt)