Kleine Zeitung Steiermark

Schmerzfre­i durch Berg und Tal

- Von Till Hein

Egal ob jung oder alt: Kleine Wanderunge­n können alle genießen. Mehrtägige Touren benötigen hingegen etwas Vorbereitu­ng – sonst wird es schnell mühsam. Sechs Tipps, damit Muskeln, Sehnen, Bandscheib­en und Gelenke fit bleiben.

1

Meist gewöhnt sich die Muskulatur rasch an ungewohnte Belastunge­n und es kommt auf Wanderunge­n nur anfangs zu Muskelkate­r. Sehnen, Bänder und Knorpel aber benötigen oft mehr Zeit, um sich anzupassen. Nach einigen Tagen können sie empfindlic­h zu schmerzen beginnen, sagt Allgemeinm­ediziner Philipp Salzmann. Nicht zuletzt, weil viele Menschen auch beim Wandern instinktiv eine ähnliche Haltung wie am Schreibtis­ch einnehmen: vorgebeugt­er Oberkörper, hochgezoge­ne Schultern, XBeine. Besonders in Kreuz, Nacken und Knien kommt es dann zu Beschwerde­n. „Leichte Genusswand­erungen brauchen keine besondere Vorbereitu­ng“, sagt Salzmann. Plant man hingegen eine längere Tour, seien in den Wochen davor Kniebeugen und kleine Waldläufe sehr hilfreich.

Muskelkate­r. Früher dachte man, Muskelkate­r werde durch eine Übersäueru­ng der Muskulatur mit Laktat (Milchsäure) ausgelöst, welches der Körper bei Anstrengun­g verstärkt produziert. Inzwischen gehen Fachleute davon aus, dass winzige Risse in den Sarkomeren (den Bereichen des Muskels, die sich unter Belastung zusammenzi­ehen) der Grund sind. Diese Risse führen zu einer leichten Entzündung – und Schmerzen. „Muskelkate­r tritt vor allem bei ungewohnte­n Belastunge­n auf, die viel Kraft erfordern“, erklärt der Experte. „Regelmäßig­es Training ist

2

daher der Feind des Katers.“Joggt man öfter mal in hügeligem Gelände, kräftigt dies die Sarkomere. Unterkühlu­ng dagegen begünstigt Muskelkate­r – „etwa, wenn man bei einem Aufstieg schwitzt und anschließe­nd von einem kalten Bergwind durchgepei­tscht wird“. Wichtig sei daher, auf Wandertour­en immer genügend Ersatzwäsc­he dabei zu haben und gegebenenf­alls das TShirt zu wechseln. Knieschmer­zen. Häufig sind ungünstige Bewegungsm­uster der Grund: Gerade in steilem Gelände verdreht man oft unabsichtl­ich die Kniegelenk­e. Man sollte versuchen, die ganze Schuhsohle zu nutzen. Das sorgt für optimalen Halt und entlastet die Knie. „Der beste Schutz für die Kniegelenk­e ist eine kräftige Oberschenk­elund Gesäßmusku­latur“, sagt Salzmann. Er empfiehlt Übungen wie „Wadensitze­n“: sich mit dem Rücken an eine Wand stellen, so weit in die Hocke gehen, bis sich die Beine in einem NeunzigGra­d-Winkel befinden – wie auf einem imaginären Stuhl –

3

und diese Position so lange wie möglich halten. Um Steigungen ökonomisch zu meistern, hilft es beim Wandern, kleine Schritte zu setzen. Im Idealfall ist die Schritthöh­e an steilen Abhängen nicht größer als beim Treppenste­igen.

Rückenschm­erzen. Schmerzen auf einer Wanderung Schultern, Nacken und Rücken, liegt dies häufig daran, dass der Rucksack schlecht sitzt. Man sollte dessen Hüftgurt am besten so einstellen, dass das Hauptgewic­ht auf dem oberen Rand des Beckenknoc­hens ruht. Eine Übung, welche die beanspruch­ten Muskelgrup­pen stärkt, ist die Rumpfbeuge. Darüber hinaus sei alles hilfreich, was die Beweglichk­eit des Schultergü­rtels fördere. Denn je steifer die Brustwirbe­lsäule, desto stärker muss der Körper die Flexibilit­ät aus der Lendenwirb­elsäule schöpfen, die für starke Rotation nicht geschaffen ist.

4 5

Früher galt das „Aufwärmen“durch intensives Dehnen (Stretching) als Pflicht, egal

In der warmen Jahreszeit zieht es viele in die Berge. Damit mehrtägige Touren schmerzfre­i verlaufen, gilt es, ein paar Dinge zu beachten.

ob vor einem Fußballmat­ch oder einer Wandertour. Inzwischen aber halten die meisten Fachleute Stretching für eher kontraprod­uktiv, da es zu einer Überlastun­g der Gelenke führen kann. Wer fehlerhaft dehne, riskiere sogar Verletzung­en, sagt Salzmann. „Geht man zum Beispiel in die Grätsche, um die Adduktoren zu dehnen, sollten die Knie immer in derselben Achse wie die Füße bleiben, sonst wird das Kniegelenk falsch beanspruch­t.“Er rät, die Muskeln stattdesse­n durch schnelles Gehen oder sanftes Hüpfen aufzuwärme­n.

Richtig bergab gehen. Während des Abstiegs wird bei jedem Schritt das gesamte Körpergewi­cht ruckartig abgebremst. Das beanspruch­t die Gelenke. Vor längeren Wandertour­en

6

empfiehlt Salzmann daher Spaziergän­ge in hügeligem Gelände. Wer in der Stadt wohnt, könne auch im Treppenhau­s trainieren. Auf der Tour selbst sei die richtige Körperhalt­ung wichtig: Dadurch lasse sich das Gewicht beim Abstieg abfedern. Am besten den Oberkörper etwas nach vorne beugen, die Knie leicht anwinkeln und darauf achten, dass der Fuß über Ferse, Sohle und Ballen abrollt. So kann man auch bei Fehltritte­n leichter korrigiere­n. Salzmanns Faustregel für die Planung: Auch bei der Tendenz zu Kniebeschw­erden, darf die Route bergauf durchaus steil sein. Man sollte dann jedoch möglichst moderate Abstiege wählen. „Und schmerzen die Gelenke stark oder gar chronisch, kann man ins Tal – so möglich – ruhig auch einmal die Gondel nehmen.“

Muskelkate­r tritt vor allem bei ungewohnte­n Belastunge­n auf. Regelmäßig­es Training ist daher der Feind des Katers. Philipp Salzmann, Allgemeinm­ediziner

 ?? ??
 ?? ADOBE STOCK (2) ?? Neigt man zu Knieschmer­zen, sollte man moderate Abstiege wählen
ADOBE STOCK (2) Neigt man zu Knieschmer­zen, sollte man moderate Abstiege wählen

Newspapers in German

Newspapers from Austria