Die demaskierende Diskussion
Rückkehr zur Kohlekraft, Diskussionen über Gas-Fracking: Die aktuellen Vorgänge in Österreich sind Zeugnis des energiepolitischen Versagens der vergangenen Jahre.
Klimakrise, Energiewende – war da nicht irgendetwas? Nachdem die Bundesregierung die als klimapolitisches Filetstück gefeierte CO2-Bepreisung bereits in den Herbst verschoben hat und auch Vorbereitungen treffen lässt, das „endgültig“abgeschaltete Kohlekraftwerk in Mellach wieder ans Netz zu nehmen, werden nun auch Stimmen lauter, die im Land gerne die Ausbeutung von Schiefergasvorkommen verwirklicht sehen möchten. Ein Jahrzehnt nachdem die OMV entsprechende Umsetzungspläne für das als energieintensiv und klima- und landschaftsschädigend geltende FrackingVerfahren beerdigt hat, wird das Thema wieder diskutiert.
All diese Vorgänge, die – gelinde gesagt – aus der Zeit gefallen wirken, resultieren aus dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine mit all seinen Schockwellen auf den Energiemärkten. Doch unter dem Strich offenbaren sie auch das energiepolitischen Versagen der letzten Jahre und Jahrzehnte. Österreich, das gerne mit Stolz auf seine grüne Wasserkraft verweist, wird in diesen Tagen schmerzlich vor Augen geführt, wie sehr es sich in Wahrheit immer noch im Würgegriff fossiler Versorgungsstrukturen befindet.
Die Versäumnisse sind hausgemacht und werden zum Teil weiter prolongiert. Während Österreich nun mangels Alternativen zähneknirschend und wohl mit öffentlichen Mitteln Hunderttausende Tonnen Kohle ordern muss, verweigern mehrere Bundesländer mit Verweis auf die Ästhetik der Landschaft immer noch den Ausbau der Windkraft. Neue Speicherkraftwerke und neuerdings auch Fotovoltaikparks stoßen trotz überlanger Genehmigungsverfahren auf erbitterte lokale Widerstände. Milliardenschwere Subventionen ins fossile System bleiben wider besseres Wissen unverändert, gleichzeitig steht der ÖVPWirtschaftsflügel seit Monaten bei Klimaschutz- und Energieeffizienzgesetz auf der Bremse.
Dabei liegt gerade im gedankenlosen Umgang mit Energie eine der Wurzeln für die jetzige Misere. So scheinen sich bis heute weder Politik noch Bevölkerung groß daran zu stoßen, wenn Shoppingtempel nächtelang in hellem Glanz erstrahlen oder private Swimmingpools an kalten Tagen fröhlich beheizt werden. Wir finden nichts dabei, täglich zwei Tonnen Blech in Bewegung zu setzen, um 70 Kilogramm Mensch zu befördern, sehen aber Rot, wenn die Rede auf niedrigere Tempolimits kommt (die laut Studien übrigens mehr Potenzial zur Spritkostensenkung hätten als jeder Preisdeckel). ie Liste der seit Jahren gelebten und eingeübten Widersprüchlichkeiten ist lang und holt das Land, das 2040 eigentlich klimaneutral sein will, jetzt mit voller Wucht ein. Es ist demaskierend, dass lieber über eine Rückkehr zu alten Fracking-Plänen mit einem Umsetzungshorizont von mindestens zehn Jahren spekuliert wird, als die vielen offenen Problemstellen endlich ehrlich abzuarbeiten. Die Zeit drängt, jene der Ausreden sollte endgültig vorbei sein.
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