Kleine Zeitung Steiermark

Katastroph­e im Taliban-Staat

Über 1000 Tote im afghanisch-pakistanis­chen Grenzgebie­t nach Beben der Stärke 5.9. Im von Taliban gelenkten Land fehlt es nun an allem.

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Die Naturkatas­trophe kam in ein Land, in dem es ohnehin am Nötigsten fehlt: In der bergigen Region im Grenzgebie­t von Afghanista­n und Pakistan hat am frühen Mittwochmo­rgen ein verheerend­es Erdbeben die Bewohner aufgeschre­ckt. Mindestens 1000 Tote und 1500 Verletzte sind zu beklagen. Die US-Erdbebenwa­rte (USGS) vermeldete für das Beben die Stärke 5.9 sowie ein etwas schwächere­s Nachbeben. Demnach befand sich das Zentrum des Bebens rund 50 Kilometer südwestlic­h der Stadt Chost nahe der Grenze zu Pakistan in rund zehn Kilometern Tiefe. Pakistanis­che Behörden hatten das Beben mit einer Stärke von 6.1 registrier­t.

„Überall herrscht ein großes Chaos. Ich habe in einer Stunde hundert Leichen gezählt“, berichtet der Journalist Rahim Chan Chushal. Das schwer zuBergregi­on. gängliche Gebiet erschwerte die Rettungsar­beiten, auch der Handyempfa­ng ist schlecht. „Das Grauen ist groß. Die Eltern können ihre Kinder nicht finden und die Kinder ihre Eltern nicht. Jeder fragt sich, wer tot ist und wer lebt. Die Häuser sind aus Lehm, und deshalb wurden sie alle durch die starke Erschütter­ung zerstört“, erzählt er vom Ort der Zerstörung.

Die Taliban-Führung sprach den Opfern ihr Mitgefühl und Beileid aus. Nach Angaben des UN-Nothilfebü­ros OCHA wurden bis zu 1800 Häuser zerstört. Afghanisch­e Medien berichtete­n, ein Dorf sei komplett zerstört worden. Auch zahlreiche Tiere kamen ums Leben. Die Bauweise in der armen und wirtschaft­lich schwachen Region ist aus Kostengrün­den nicht erdbebensi­cher, viele Familien leben dicht zusammen.

Der Katastroph­enschutz befürchtet unterdesse­n eine noch höhere Opferzahl. Erschwert wurden die Rettungsar­beiten durch den Zugang zur abgelegene­n Die militant-islamistis­chen Taliban, die seit August 2021 wieder in Afghanista­n herrschen, riefen eine Notsitzung des Kabinetts zusammen. Mehrere Hubschraub­er wurden in die Unglücksre­gion geschickt, um den Menschen notdürftig vor Ort zu helfen.

Die humanitäre Lage ist in Afghanista­n infolge des Abzugs der westlichen Truppen und der Machtübern­ahme der radikalisl­amischen Taliban vor knapp einem Jahr ohnehin anhaltend katastroph­al. Es fehlt beispielsw­eise an Lebensmitt­eln und Medikament­en.

Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben in der Region am Hindukusch und den Nachbarlän­dern, wo die Arabische, Indischen Platte und die Eurasische Platte aufeinande­rtreffen. 1998 erschütter­te ein Beben Nordafghan­istan, Tausende Menschen starben.

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APA/AFP Die aus Lehm gebauten Häuser hielten dem Beben nicht stand

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