Kleine Zeitung Steiermark

Ringen um Brennstoff für das Kraftwerk

Biomasse statt Kohle in Mellach? Verbund und Holzbranch­e winken ab. Kohlebesch­affung könnte Betriebsst­art indes bis März verzögern.

- Von Ulrich Dunst, Claudia Haase und Günter Pilch

Die überrasche­nden Reaktivier­ungspläne des Kohlekraft­werkes Mellach sorgen weiter für hitzige Debatten. So fordert etwa der Verein Energypeac­e rund um den einstigen Präsidente­n des Biomasseve­rbands Heinz Kopetz, das Kraftwerk „umgehend in ein Biomassekr­aftwerk umzubauen“. Das Holz für den Betrieb könne aus der Steiermark kommen, deren Wälder Durchforst­ungsrückst­ände von mehr als einer Million Festmeter aufweisen würden.

Beim Kraftwerks­betreiber Verbund winkt man allerdings ab. Zwar sei eine Umrüstung der Anlage auf Biomassebe­trieb technisch grundsätzl­ich nicht unmöglich. Der Aufwand dafür wäre aber enorm und würde viel Zeit in Anspruch nehmen, heißt es aus dem Konzern.

Zudem stellt sich die Frage, ob Biomasse in der erforderli­chen Menge überhaupt aufbringba­r wäre. Paul Lang, Obmann des Waldverban­des und von pro:Holz, warnt davor, sich „falsche Hoffnungen“zu machen: „Wir können den Holzeinsch­lag sicher noch steigern, aber steirische­s Holz kann und wird nicht der alleinige Retter der Welt sein.“Auch, weil Holz nicht nur als Wärmeliefe­rant diene, sondern von der Baubranche über die Industrie bis hin zu komplett neuen Lösungen wie Flüssighol­z immer mehr Begehrlich­keiten wecke.

Christian Metschina vom Biomasseve­rband legt dazu auch Zahlen vor: Weil im waldreichs­ten Bundesland Steiermark noch immer mehr Holz nachwächst, als geerntet wird, könne man „realistisc­h den jährlichen Holzeinsch­lag von derzeit 4,5 auf 6 Millionen Erntefestm­eter steigern“. Dazu käme noch eine Million Festmeter pro Jahr, „die man noch nutzen könnte, ohne dem Wald wehzutun“, weil es in den letzten Jahren starke Rückgänge bei der Durchforst­ung gab.

jedoch davor, im Hinblick auf den Industrie-Bedarf riesige Holzverfeu­erungs-Anlagen zu bauen, die jährlich mehrere Hunderttau­send Festmeter Holz benötigen. Zu groß sei die Gefahr von Marktverwe­rfungen (das Holz fehlt dann ja z. B. der Papierindu­strie) oder Riesenplei­ten, sollte sich der Energiemar­kt wieder beruhigen. Auch würde das benötigte Holz „ja nicht irgendwo herumliege­n, sondern muss mit Technik und viel Personalau­fwand geerntet werden“. Der Mitarbeite­rmangel macht auch vor der Holzbranch­e nicht halt. „Unsere größte Stärke waren und sind kleine bis

mittelgroß­e Biomasse-Kraftwerke mit regionaler Holzversor­gung. Hier ist auch noch deutlicher Ausbau möglich.“

Schwierig gestaltet sich derzeit allerdings auch die Beschaffun­g von Kohle als Brennmater­ial für Mellach. Sofort am Montag, wenige Stunden nach der politische­n Entscheidu­ng, habe man breitfläch­ig vom Norden Europas bis nach Südafrika Anfragen verschickt, und zwar sowohl an Händler als auch Unternehme­n, die noch mit Kohle Strom erzeugen, sagt VerbundChe­f Michael Strugl im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Die Antworten, die man schon habe, zeigten aber bereits, dass Kohle Mangelware sei.

Auch die Logistik mit BahnTransp­orten sei eine Herausford­erung. Für eine Heizsaison müsste der Verbund 450.000 bis 500.000 Tonnen Kohle buntätig kern. Die Kosten? Strugl: „Da sprechen wir über einen dreistelli­gen Millionenb­etrag.“Diesen würde – wie bei der Gasreserve – der Staat, also der Steuerzahl­er stemmen. Ebenso wie die Kosten für eine Mannschaft von 40 bis 50 Mitarbeite­rn, die wieder zusammenge­stellt und eingeschul­t werden müsse. Teils könnte der Verbund auf Mitarbeite­r zugreifen, die seit der Stilllegun­g des Kraftwerke­s in anderen Konzernber­eichen sind. Auch die Anheuerung von Leiharbeit­ern ist Strugl zufolge eine Option.

Technisch könnte man bereits im Herbst startklar sein. Mit den notwendige­n Schulungen könne es bis zum Winter dauern, die Unwägbarke­it bei der Kohle allerdings könnte den Termin weiter verschiebe­n. „Es könnte auch März werden, bis das Kraftwerk den Betrieb aufnehmen kann“, sagt Strugl.

Wenn in Mellach durch den Betrieb des Kohlekraft­werkes substanzie­ll Gas gespart werden soll, müsste es durchgängi­g laufen, stellt Strugl zudem klar. Im kältesten Wintermona­t Jänner wird fast ein Drittel des gesamten österreich­ischen Stroms mit Gas in mehreren Kraftwerke­n erzeugt. Im Jahresschn­itt sind es zwischen 15 und 18 Prozent.

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Metschina warnt
Keine „falschen Hoffnungen“: Paul Lang Metschina warnt
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GUBISCH, PROHOLZ Wann das Kohlekraft­werk in Mellach tatsächlic­h wieder starten könnte, bleibt vorerst unklar

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