Ringen um Brennstoff für das Kraftwerk
Biomasse statt Kohle in Mellach? Verbund und Holzbranche winken ab. Kohlebeschaffung könnte Betriebsstart indes bis März verzögern.
Die überraschenden Reaktivierungspläne des Kohlekraftwerkes Mellach sorgen weiter für hitzige Debatten. So fordert etwa der Verein Energypeace rund um den einstigen Präsidenten des Biomasseverbands Heinz Kopetz, das Kraftwerk „umgehend in ein Biomassekraftwerk umzubauen“. Das Holz für den Betrieb könne aus der Steiermark kommen, deren Wälder Durchforstungsrückstände von mehr als einer Million Festmeter aufweisen würden.
Beim Kraftwerksbetreiber Verbund winkt man allerdings ab. Zwar sei eine Umrüstung der Anlage auf Biomassebetrieb technisch grundsätzlich nicht unmöglich. Der Aufwand dafür wäre aber enorm und würde viel Zeit in Anspruch nehmen, heißt es aus dem Konzern.
Zudem stellt sich die Frage, ob Biomasse in der erforderlichen Menge überhaupt aufbringbar wäre. Paul Lang, Obmann des Waldverbandes und von pro:Holz, warnt davor, sich „falsche Hoffnungen“zu machen: „Wir können den Holzeinschlag sicher noch steigern, aber steirisches Holz kann und wird nicht der alleinige Retter der Welt sein.“Auch, weil Holz nicht nur als Wärmelieferant diene, sondern von der Baubranche über die Industrie bis hin zu komplett neuen Lösungen wie Flüssigholz immer mehr Begehrlichkeiten wecke.
Christian Metschina vom Biomasseverband legt dazu auch Zahlen vor: Weil im waldreichsten Bundesland Steiermark noch immer mehr Holz nachwächst, als geerntet wird, könne man „realistisch den jährlichen Holzeinschlag von derzeit 4,5 auf 6 Millionen Erntefestmeter steigern“. Dazu käme noch eine Million Festmeter pro Jahr, „die man noch nutzen könnte, ohne dem Wald wehzutun“, weil es in den letzten Jahren starke Rückgänge bei der Durchforstung gab.
jedoch davor, im Hinblick auf den Industrie-Bedarf riesige Holzverfeuerungs-Anlagen zu bauen, die jährlich mehrere Hunderttausend Festmeter Holz benötigen. Zu groß sei die Gefahr von Marktverwerfungen (das Holz fehlt dann ja z. B. der Papierindustrie) oder Riesenpleiten, sollte sich der Energiemarkt wieder beruhigen. Auch würde das benötigte Holz „ja nicht irgendwo herumliegen, sondern muss mit Technik und viel Personalaufwand geerntet werden“. Der Mitarbeitermangel macht auch vor der Holzbranche nicht halt. „Unsere größte Stärke waren und sind kleine bis
mittelgroße Biomasse-Kraftwerke mit regionaler Holzversorgung. Hier ist auch noch deutlicher Ausbau möglich.“
Schwierig gestaltet sich derzeit allerdings auch die Beschaffung von Kohle als Brennmaterial für Mellach. Sofort am Montag, wenige Stunden nach der politischen Entscheidung, habe man breitflächig vom Norden Europas bis nach Südafrika Anfragen verschickt, und zwar sowohl an Händler als auch Unternehmen, die noch mit Kohle Strom erzeugen, sagt VerbundChef Michael Strugl im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Die Antworten, die man schon habe, zeigten aber bereits, dass Kohle Mangelware sei.
Auch die Logistik mit BahnTransporten sei eine Herausforderung. Für eine Heizsaison müsste der Verbund 450.000 bis 500.000 Tonnen Kohle buntätig kern. Die Kosten? Strugl: „Da sprechen wir über einen dreistelligen Millionenbetrag.“Diesen würde – wie bei der Gasreserve – der Staat, also der Steuerzahler stemmen. Ebenso wie die Kosten für eine Mannschaft von 40 bis 50 Mitarbeitern, die wieder zusammengestellt und eingeschult werden müsse. Teils könnte der Verbund auf Mitarbeiter zugreifen, die seit der Stilllegung des Kraftwerkes in anderen Konzernbereichen sind. Auch die Anheuerung von Leiharbeitern ist Strugl zufolge eine Option.
Technisch könnte man bereits im Herbst startklar sein. Mit den notwendigen Schulungen könne es bis zum Winter dauern, die Unwägbarkeit bei der Kohle allerdings könnte den Termin weiter verschieben. „Es könnte auch März werden, bis das Kraftwerk den Betrieb aufnehmen kann“, sagt Strugl.
Wenn in Mellach durch den Betrieb des Kohlekraftwerkes substanziell Gas gespart werden soll, müsste es durchgängig laufen, stellt Strugl zudem klar. Im kältesten Wintermonat Jänner wird fast ein Drittel des gesamten österreichischen Stroms mit Gas in mehreren Kraftwerken erzeugt. Im Jahresschnitt sind es zwischen 15 und 18 Prozent.