Haben Politiker auch Würde?
Kardinal Christoph Schönborn stellte sich am Mittwoch im voll besetzten Minoritensaal heiklen Fragen zum Thema „Was ist Würde?“.
Es ist schöner, miteinander zu reden und in Dialog zu treten, als einen Vortrag zu halten“– eine ungewöhnliche Veranstaltung mit außergewöhnlichem Thema nahm am Mittwoch im voll besetzten Grazer Minoritensaal ihren Lauf: Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn dachte über „Was ist Würde?“beim Ethikimpuls der Grazer Elisabethinen anlässlich fünf Jahre VinziDorf-Hospiz nach. Unter den Zuhörern waren Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl, Vorgänger Egon Kapellari, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und dessen Vorgängerin Waltraud Klasnic. Schönborn spannte, geführt durch Christian Lagger (Geschäftsführer Elisabethinen), einen weiten Bogen.
Schon „auf der ersten Seite der Bibel wird der Mensch nach dem Ebenbild Gottes geschaffen“. Jesus habe zudem mit seiner Menschwerdung „grundlegend die Sicht auf die Würde des Menschen verändert. Aber es war ein langer Weg von damals bis zum Konzept der unantastbaren Würde des Menschen in der Menschenrechtskonvention 1948“.
Der Begriff „Würde“drohe heute, im Zusammenhang mit dem „würdevollen Sterben“in Richtung assistierter Suizid verschoben zu werden. „Ist denn der normale Tod würdelos?“Nein, antwortete er sich selbst: „Sterben in Würde ist etwas, was sich alle wünschen.“Sein Appell: „Nehmt uns den Begriff Würde nicht weg!“
Schönborn stellte sich auch dem Thema Missbrauch, von dem die katholische Kirche seit Jahren geschüttelt wird. Er wies darauf hin, dass Gewalt und sexueller Missbrauch die Würde des Menschen eklatant verletze. Das Benennen von Schuld sei die Voraussetzung, dass die Würde wiederhergestellt werde.
„Haben Politiker auch eine Würde?“, hieß dann zuletzt. Resümee einer längeren Antwort: „Ich finde es belastend, wie mit der Unschuldsvermutung umgegangen wird“, stellte er klar. Denn sie sei die Basis des Rechtssystems.