Zollanmeldungen schnellen in die Höhe
Das Embargo gegen Russland war beherrschendes Thema beim 33. Zollrechtstag.
Gleich dreifach wurden Österreichs Zollbehörden im Vorjahr gefordert: Zuerst kam die organisatorische Zusammenlegung der neun Zollämter auf eines mit Sitz in Graz, dann wurden wegen des Brexit Sendungen aus Großbritannien ab Ende Jänner zollpflichtig und ab Mitte des Jah- res mussten auch Kleinsendungen mit Warenwert unter 22 Euro verzollt werden. Insgesamt ist die Zahl der Zollanmeldungen daher von knapp vier Millionen auf 6,75 Millionen gestiegen.
„Wir haben den Abfertigungsprozess komplett digitalisiert“, sagt Heike FektaBlüthner, die Vorständin des Zollamts Österreich. Anders wäre der plötzliche Mehraufwand nicht bewältigbar gewesen. Da die Kleinsendungen im Vorjahr noch sechs Monate zollfrei waren, werde die Zahl der Anmeldungen auch heuer steigen, sagt Fekta-Blüthner. Sie rechnet mit bis zu neun Millionen Zollanmeldungen, vom Container bis zum Kleinstpaket mit einem Euro Warenwert.
Die Zollexpertin trat gestern auch als Sprecherin beim 33. Europäischen Zollrechtstag auf, der heuer in der Wirtschaftskammer Steiermark stattfindet. Was die internationalen Teilnehmer der Tagung derzeit am meisten beschäftigt, ist die Abwicklung der Sanktionen gegen Russland. „Vor allem die Frage, wie mit bestehenden Verträgen umzugehen ist, beschäftigt die Unternehmen“, sagt Christian Haid, der Firmen für die steirische Wirtschaftskammer in
Zollfragen unterstützt. „Es gibt Fälle, in denen wegen des Embargos gewisse Vorprodukte nicht geliefert werden und die Firmen dann wieder ihre Verträge nicht erfüllen können.“In diesen Fällen bestätigt die Wirtschaftskammer dann die „höhere Gewalt“. Das sei wichtig, damit die Firmen nicht auch noch Pönalzahlungen leisten müssen.
Der Krieg in der Ukraine rücke das Thema Verantwortung bei Unternehmen wieder in den Fokus, sagt auch Lothar Harings vom Europäischen Forum für Außenwirtschaft, das den Zollrechtstag veranstaltet. „Es gibt immer mehr Unternehmen, die den Handel mit Russland einstellen, obwohl ihre Produkte nicht unter das Embargo fallen.“Es gäbe hier einen starken öffentlichen Druck auf Firmen. „Das kommt direkt aus der Gesellschaft“, sagt Harings. Es habe einen Wandel in der Gesellschaft und der Politik gegeben. Selbst bei Verhandlungen zu Freihandelsabkommen seien inzwischen Menschenrechte ein zentrales Thema. „Im Außenhandel zählen nicht mehr nur der Profit, sondern auch gesellschaftliche Werte.“