Zweierlei Maß für die Ukraine und für Bosnien?
Groß waren die Erwartungen in der Ukraine und groß die Freude. Groß waren aber auch die Erwartungen in Bosnien und groß die Enttäuschung. Die Ukraine hat den Status eines Kandidaten erhalten, Bosnien nicht. Fast nebenbei ist auch Moldawien jetzt Kandidat, Georgien nicht.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sein Land nun formell als Teil der europäischen Familie. Der Kandidatenstatus ist eine gewaltige moralische Unterstützung. Manche Politiker im Westen halten die Ukrainer, von denen viele bereit sind, für europäische Werte das Leben zu opfern, für die besseren Europäer. Umgangssprachlich würde man sagen, die Ukraine ist nun mit der EU verlobt, aber nicht verheiratet. Man hat ein gemeinsames Ziel, geht einen gemeinsamen Weg, fühlt, dass man einander verpflichtet ist.
Genau diese Frage der Annäherung der Ukraine an die EU hat vor Jahren zu enormen Spannungen, monatelangen „Maidan“-Protesten und zum Sturz des damaligen Präsidenten der Ukraine geführt. Interessanterweise war Russland damals gegen eine vertragliche Beziehung der Ukraine mit der EU, wogegen der Kreml diesmal die Verleihung des Kandidatenstatus an die Ex-Sowjetrepubliken Ukraine und Moldawien als „innere Angelegenheit“bezeichnet. Weil die Annäherung „nur“eine wirtschaftlich „innere Angelegenheit der EU“sei, keine militärische.
Den Kandidatenstatus der Ukraine haben alle EU-Staaten unterstützt, Kanzler Karl Nehammer und Premier Robert Golob aus Slowenien haben sich aber massiv für den Kandidatenstatus von Bosnien und die beschleunigte Behandlung der Anträge anderer Balkanländer eingesetzt. n Bosnien war wegen der Ungleichbehandlung die Frustration groß, es gilt aber noch einige Fleißaufgaben zu bewältigen, wie die Reform des Hohen Justizrats, der Richter und Staatsanwälte ernennt, oder ein Gesetz, das Interessenskonflikte regelt, und anderes. Es könnte aber im Dezember klappen. Die bosnische Bevölkerung hat den Kandidatenstatus verdient, nicht aber alle Politiker. Deshalb die Verzögerung.
war Hoher Beauftragter der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina.
Groß waren die Erwartungen in der Ukraine und groß die Freude. Groß waren auch die Erwartungen in Bosnien und groß die Enttäuschung.
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