Kernschmelze bei Kryptowerten
Kryptowährungen erlebten im Vorjahr einen raketenhaften Aufstieg. Beim aktuellen Kollaps verbrannten einige ihre Ersparnisse. Experten sehen dennoch eine Zukunft für digitale Coins.
Wie Ikarus in der legendären Sage dachten viele Menschen, es gäbe bei Kryptowährungen nur einen Weg: nach oben. „Bis zum Mond“lautete über Monate das Motto der kryptobegeisterten Anleger. Doch statt zum Mond sind zahlreiche Projekte samt ihrer Coins und Tokens der Sonne zu nahe gekommen und die Träume von digitaler Revolution und Reichtum zerflossen wie das Wachs auf den Flügeln des sagenhaften Ikarus. Der Absturz lässt nun so manchen Coin zerschmettert zurück.
So steckten vor nur drei Monaten knapp 30 Milliarden Euro in dem Projekt Terra/ Luna. Anfang Mai kollabierte das System und selbst nach einem erzwungenen Neustart liegt die Marktkapitalisierung nun bei rund 229 Millionen Euro. Oder das Celsius-Protokoll: Noch vor einem Jahr war der Vermittler für Kryptokredite rund eine Milliarde Euro wert. Nachdem Celsius den Kunden den Zugriff auf die Konten sperrte, liegt die Marktkapitalisierung jetzt bei rund 237 Millionen Euro. Und nun droht der Investmentfirma Three Arrows die Pleite. Der auf Kryptowährungen spezialisierte Hedgefonds versucht, mit Verkäufen von Unternehmsteilen das Geld der Anleger zu retten.
„Was jetzt stattfindet, ist ein reinigendes Gewitter. Und das braucht es immer wieder“, sagt Johannes Grill. Er ist Präsident des Vereins Bitcoin Austria, der über die älteste Kryptowährung der Welt informiert. „Wer sich jetzt Sorgen um den Kurs macht, denkt zu kurzfristig“, sagt Grill. „Denn am Ende ist ein Bitcoin einfach nur ein Bitcoin.“
Tatsächlich gab es raketenhafte Aufstiege samt dramatischer Einbrüche bereits drei Mal seit dem Start von Bitcoin im Jahr 2009. Wer beispielsweise vor zwei Jahren Bitcoins bei rund 9264 Euro gekauft hat, steigt selbst mit dem aktuellen Einbruch auf zuletzt etwas mehr als 20.000 Euro mit einem kräftigen Plus aus. Wer hingegen im September 2021 bei über 58.000 Euro auf den BitcoinZug aufgesprungen ist, hat fast zwei Drittel seines Investments verloren.
An ein Ende der Abwärtsspirale glaubt der Kryptoexperte Christian Brom aktuell nicht. Er analysiert die Bewegungen der Kurse auf der Blockchain, wo Transaktionen transparent nachverfolgbar sind. „Die Tauschbörsen haben derzeit hohe Guthaben. Das ist ein Hinweis darauf, dass größere Verkäufe bevorstehen könnten.“Es gäbe derzeit auch kaum noch