Der Geruch des braunen Goldes
Wer einmal den schwefeligen Geruch des Hausbrands in der Nase hatte, der wird ihn nie vergessen. Ab dem Spätherbst legte er sich über das weststeirische Bergbaurevier, setzte sich in der zum Trocknen aufgehängten Wäsche und in den Köpfen fest. Noch jetzt, Jahrzehnte später, lässt er sich daraus ebenso wenig verbannen wie die Bilder von den riesigen Braunkohlehalden, dröhnenden Förderbändern, vor sich hinrostenden Grubenhun
und in die Landschaft geschlagenen Wunden, den gähnenden Tagbaulöchern, halbabgetragenen Bergen und mit Grundwasser gefüllten Kratern.
In der Gaskrise wollen viele Länder in Europa wieder auf Kohle setzen. Aber wie war es eigentlich, als das „braune Gold“bei uns noch unter schwersten Bedingungen abgebaut wurde, den Menschen Arbeit und Einkommen gab und ihr Leben bis in die feinsten Kapillaren bestimmte? In unzähligen Momentaufnahmen haben mehrere Generationen von Köflacher Fotografenmeistern aus der Familie Koren diesen Alltag dokumentiert. Ihrem einzigartigen Archiv entstammt auch das heutige historische Albumbild, das – wohl in den Achtzigerjahren geschossen – den Blick von Rosental über den Karlschacht auf Köflach und Maria Lankowitz zeigt. Stammt es von Harald Koren (1935-2017) oder seinem Bruder Agathon (1943-2015)?
Die Fotografie lässt Erinneten rungen wach werden an eine Zeit, als sich mit dunkelbrauner Fracht beladene Lastwagen durch die Orte quälten, den kurvenreichen Weg über die Pack vor sich. An Streiks, Ledersprünge und die bei Begräbnissen den verstorbenen Kumpeln zum letzten Gruß aufspielenden Bergkapellen in ihrer schwarzen Standestracht, das gekreuzte Zeichen aus Schlägel und Eisen stolz an den Federhüten prangend. An den Ruß auf dem frischen Schnee und asthmakranke
QR-Code scannen und historische Fotos aus dem weststeirischen Braunkohlerevier
anschauen.
Kinder. An Arbeiterpriester, die in die Grube fuhren, und atheistische Bergmänner, die die heilige Barbara ehrten. Die Kohle selbst war brüchig und wies oft noch die Maserung von Holz auf.
Als stummer Zeuge einer vergangenen Epoche überragte der gewaltige Schlot des Voitsberger Kraftwerks den Bezirk. Und als vor ein paar Jahren das Kesselhaus gesprengt wurde, dachten viele, dass die Ära der Kohle unwiederbringlich zu Ende gegangen sei.