Zur Person
Karin Riess leitet das Leben-Ressort der Kleinen Zeitung und versucht, unterschiedliche Formen der Mobilität zu kombinieren und für die Wege zu verwenden, auf denen sie am sinnvollsten sind.
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Die Physik lässt nicht mit sich feilschen: Umso schneller man fährt – egal ob fossil- oder batteriebetrieben – umso höher die gefahrene Geschwindigkeit, desto mehr macht sich der Luftwiderstand der Karosserie bemerkbar und der Verbrauch steigt. Das sind unumstößliche Fakten. Aber dass die Senkung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen und Schnellstraßen von 130 auf 100 km/h keinen entscheidenden Beitrag zur Bekämpfung von Klimakrise und Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen leisten kann, ist es auch. Mit einer Treibstoffeinsparung von einem bis drei Prozent wäre laut Erhebungen des ÖAMTC zu rechnen.
Hingegen zeigt eine aktuelle Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins „Profil“, dass 45 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Tempo 100 auf Autobahnen strikt ablehnen und weitere 23 zumindest eher dagegen sind. Es wäre also eine Maßnahme, bei der zu befürchten wäre, dass ein minimaler Einsparungseffekt auf maximale Ablehnung stößt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass aktuell rund die Hälfte des Autobahnverkehrs ohnehin durch Zonen mit Beschränkungen auf Tempo 100 oder 80 rollt. In den 130er-Abschnitten wird durchschnittlich 105 km/h schnell gefahren. Viele können verkehrsbedingt oder wollen die Höchstgeschwindigkeit also gar nicht ausreizen.
Der Hintergrund, eine generelle Verhaltensänderung in der Bevölkerung anzustoßen und zunehmend auf das Auto zu verzichten, ist richtig und wichtig. Nur kann die gute Intention auch falsch abbiegen, wie man jüngst in den Niederlanden verfolgen konnte, wenn sie eine Einzelmaßnahme bleibt und von den Menschen nicht mitgetragen wird. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn wurde von 130 bzw. 120 auf 100 km/h herabgesetzt. Und ja, das Verhalten der Verkehrsteilnehmer hat sich verändert: Da sie auf der Autobahn nicht mehr so flott vorankamen, entschieden sich Autofahrerinnen und Autofahrer laut Untersuchungen im Auftrag des niederländischen Umweltministeriums vermehrt dazu, auf die Landstraßen auszuweichen. Die liegen wiederum zum Teil direkt an sensiblen Naturschutzgebieten, denen man damit einen Bärendienst erwiesen hat.
Anders als ein niedrigeres und starres Tempolimit, bergen sogenannte dynamische Geschwindigkeitsbeschränkungen das Potenzial, den Verkehrsfluss zu verbessern. Dabei handelt es sich um computergestützte Systeme, die basierend auf Daten, die mit Kameras und Sensoren erhoben werden, die aktuell vorteilhafteste Geschwindigkeit messen und das erlaubte Tempo entsprechend vorgeben. Denn nach den Ressourcen – seien es Sprit oder Strom –, die man gar nicht verbraucht, sind die, die nicht im Stau stehend verpuffen, schon die zweitbesten.