Austreibung eines Dämons in Graz
In den Jahren 1599 und 1600 wurden an drei Steirern Exorzismus-Verfahren durchgeführt. Der Fall der Katharina Herbst wurde detailgenau beschrieben.
Nach dem Roman und Drehbuch von William Peter Blatty entstand 1973 ein Film, der wohl bis heute auf viele Zuschauer verstörend wirkt – der Horrorklassiker „Der Exorzist“. Gerhard Ammerer und Carlos Watzka veröffentlichten im Vorjahr mit „Der Teufel in Graz“(Leykam) ein beinah ebenso dramatisches Werk: eine wissenschaftliche Auseinandersetzung über drei Exorzismusprozesse in Graz aus den Jahren 1599/1600.
Ihrem Buch liegt das Protokoll eines gewissen Paulus Knorr von Rosenrodt zugrunde, der die „geistliche Behandlung“der Besessenen selbst vornahm und in seiner „Beschreibung außgetriebener bösser Geister“auf 399 kleinformatigen Seiten dokumentierte. Am ausführlichsten beschrieb er das Martyrium der „Herbstin“Katharina Herbst, die mehrere Monate lang gepeinigt wurde.
Die Herbstin wurde nahe Allerheiligen bei Wildon geboren. Bereits im Kindesalter sollen bei ihr dämonische Symptome aufgetreten sein. In Vasoldsberg wurde ein Bauernarzt konsultiert, in „Böla“und „Ober-Böla“(Pöllau und Pöllauberg) wurden Wallfahrten für die Tochter abgehalten. Danach suchten die Leute Hilfe in Graz durch „gelerte Priester“.
Die „Herbstin“war von Juli bis Oktober 1599 im landesfürstlichen Hofspital, sie wurde ab August aber in die Wallfahrtskirche Maria Elend in Straßgang und das Kirchlein St. Florian verlegt. Am 23. September 1599 nahm der Exorzismus in Straßgang brutale Formen an. Knorr berichtet, dass ein gewisser Kaplan Fischer und die Franziskanerpatres „Daniel“und „Stanislaus“die Dämonen der Herbstin mit Ruten geschlagen hätten. Am 20. Dezember hat sogar der damals 14-jährige Erzherzog Leopold mit einer in Weihwasser getauchten Rute mehrmals selbst zugeschlagen, der Dämon der Herbstin „wollte aber nit reden“. Tags darauf wurde der Dämon Astaroth – nun hatte er plötzlich doch einen Namen – befragt, doch ohne Erfolg.
Mehrfach wurde die Herbstin festgebunden und auch ihr Mund zugehalten. Der Name des Dämons wurde auf ein Blatt Papier geschrieben, welches am Altar zertreten und verbrannt wurde, während man einen Psalm rezitierte.
Die Herbstin musste „creuzweiß auf der Erde ligen“und Reliquien küssen, „dass es schmazet“. Ihr Haar wurde abrasiert, sie durfte zeitweilig auch nicht selbst gehen und wurde getragen. Die schlimmste „Heilungsmethode“war aber wohl das Würgen mit einer Stola. Knorr selbst soll es gewesen sein, der sie so lange würgte, dass die Priester schon befürchteten, er würde sie erdrosseln.
Größtes Problem der Exorzisten war, dass sie nicht wussten, wer antwortete – die Herbstin oder der sich verstellende Dämon. Am Neujahrstag des Jahres 1600 dürfte es besonders schlimm gewesen sein. Astaroth brüllte, der Exorzist schrie. Der Dämon beschimpfte den Exorzisten als „schändlichen Hundt“oder als „schwarzen zernichtigen scheizlichen Mann“, die Erzherzogin-Witwe wurde als „Huern“angesprochen, welcher er „Händ und Füeß brechen“wolle.
Oft sollen die Helfer auch durch die Luft geschleudert oder zu Boden gestoßen worden sein. Es brauchte mehrere Personen, um die Herbstin zurückzuhalten. Zwei Franziskaner quittierten deshalb den Dienst, Stadtpfarrer Lorenz Sunnabeter wurde krank und starb einige Monate später.
Doch dann, ganz unspektakulär, endete das Martyrium plötzlich. Die Herbstin zeigte keine Anzeichen einer Besessenheit mehr. Aus Dankbarkeit machten ihre Angehörigen eine Wallfahrt nach Fernitz. Der Dämon kehrte nie mehr wieder.