Kleine Zeitung Steiermark

Unspektaku­lär Weltklasse

Unter den Startenöre­n der Gegenwart ist er „der Brave“. Piotr Beczała gastiert morgen im Grazer Musikverei­n.

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In Linz beginnt’s. Der ausgeleier­te Spruch sei ein Mal verziehen, weil er einfach passt. In Linz begann die Karriere von Piotr Beczała. Der in Kattowitz zum Tenor ausgebilde­te Sänger fand über Oberösterr­eich den Weg in die große Opernwelt, nach Salzburg, Wien, Berlin, Zürich. Überall dürstete man nach der phänomenal­en Stimme des 1966 im Süden Polens geborenen Beczała. Ein lyrische, bewegliche Stimme, die in allen Lagen natürlich und angenehm klingt, mit exquisiter Technik und Noblesse eingesetzt. Und mit Spitzentön­en, die der Stimme nicht abgezwunge­n werden, sondern einfach da sind. us dem Tenor wurde schnell ein Startenor, aber er bewahrte sich seine künstleris­che Integrität. Beczała beschränkt­e sich lan- ge Zeit auf ein lyri- sches Kernrepert­oire, um seine Stimme nicht zu strapazier­en. Der Sänger blieb bei Verdis Herzog und Alfredo, Puccinis Rodolfo sowie im BelcantoFa­ch und französisc­hem Repertoire heimisch. Das zahlte sich wahrschein­lich nicht monetär, aber künstleris­ch aus: Eine so gesunde, unverbrauc­hte lyrische Stimme wie die von Beczała ist nur alle heiligen Zeiten zu finden. Sein Organ wirkt

Azwar etwas weißlich, aber hat so viel „vokales Fleisch“, dass auch die Belcanto-Interpreta­tionen zum sinnlichen Genuss werden. er Künstler selbst wirkt sehr korrekt, ein echter „Normalo“. Vielleicht ist er auch zu normal. Man ist bei ihm kurioserwe­ise oft an seinen Landsmann Robert Lewandowsk­i erinnert. Der Tenor verhält sich zu seinen Kollegen ein wenig wie Lewandowsk­i zu Messi und Ronaldo. Er ist mindestens ebenso gut, aber nicht so spektakulä­r. Dem Sonnyboy Beczała fehlt vielleicht das Charisma eines Jonas Kaufmann, aber sängerisch macht ihm niemand etwas vor. n jüngerer Zeit wagt sich Beczała allmählich ins schwerere Fach: an Wagners Lohengrin und Puccinis Cavaradoss­i, an Bizets Don José und Verdis Radamès. Der Calaf aus „Turandot“soll nächstes Jahr in Zürich folgen. Die Stimme wurde auch eine Spur dunkler und härter, die Höhen geht er sehr offensiv an. Er dürfte jetzt den Zenit seiner Kunst erreichen. Morgen zu hören bei einem Liederaben­d im Musikverei­n Graz. Martin Gasser Liederaben­d, morgen, 19.30 Uhr, Stefaniens­aal Graz. Karten: Tel. (0316) 82 24 55. www.musikverei­n-graz.at

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IFKOVITS Der Tenor Piotr Beczała

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