Wo die Kinder leben, spielt keine Rolle
Überrascht war wohl niemand, als der EuGH die Indexierung der Familienbeihilfe für rechtswidrig erklärt hat. Mit der Indexierung werden die Familienleistungen an die Lebenshaltungskosten in dem Land angepasst, in dem die Kinder leben. Keine Überraschung war die Entscheidung offenbar auch für die Regierung. Andernfalls wären nicht bereits Rückstellungen für die Nachzahlungen gebildet worden.
Wenn dem aber so ist, warum hat die türkisblaue Regierung sehenden Auges einen Verstoß gegen europäisches Recht riskiert? Wohl deshalb, weil sie damit bei vielen auf Zustimmung gestoßen ist. Und man muss ja zugeben: Auf den ersten Blick ist es nicht unfair, wenn Unterstützungsleistungen für Kinder danach bemessen werden, was sie ihre Eltern kosten. Das hängt nun einmal davon ab, wie teuer das Leben in dem Land ist, in dem die Kinder leben. Kurz gesagt: Jedes Kind ist zwar gleich viel wert, aber nicht jedes Kind ist gleich teuer.
Auf einen zweiten Blick schaut die Sache anders aus. Die Familienleistungen werden aus Steuern und Abgaben finanziert. Dazu tragen alle bei, die in Österreich arbeiten und angemeldet sind. Ob ihre Kinder im Inland oder im Ausland leben, spielt für die Höhe der Steuern und Abgaben keine Rolle. Wer schwarz arbeitet, zahlt zwar weder Steuern noch sonstige Abgaben, bekommt aber auch keine Familienbeihilfe. ie Anpassung der Familienleistungen an die (niedrigeren) Lebenshaltungskosten in dem Land, in dem die Kinder leben, führt daher dazu, dass deren Eltern zwar in gleichem Maß wie alle anderen zur Finanzierung beitragen, aber weniger bekommen. Sie führt auch dazu, dass innerhalb der EU Arbeitnehmer unterschiedlich behandelt werden, je nachdem woher sie kommen. Damit wird gegen die Personenfreizügigkeit verstoßen. Davon profitieren Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Ohne ausländische Arbeitskräfte müssten manche Unternehmen ihre Leistungen drastisch reduzieren, ohne die Möglichkeit, in einem anderen Mitgliedsstaat zu arbeiten, wären die Jobchancen vieler wesentlich geringer.
war Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und Abgeordnete zum Nationalrat der Neos.
Die Familienleistungen werden aus Steuern und Abgaben finanziert. Dazu tragen alle bei, die legal in Österreich arbeiten.
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