„Man merkt, dass uns die Leute hier helfen wollen“
Die Lebenshilfe betreut derzeit 80 Familien aus der Ukraine. Wie es den Betroffenen mit ihrem neuen Leben geht.
Aufgabe, aber in einem sicheren Umfeld eine Spur besser zu ertragen. Alexandra begleitet Vika oft. „Wenn es die Zeit zulässt, machen wir etwas zusammen“, sagt die 44-Jährige. Momentan sitzen alle gemeinsam am Esstisch der Rauters. Roma schaut Alexandras Tochter Marla (9) beim Spielen zu. „Zuerst sind die beiden aufeinander gepickt, dann haben sie auch gestritten“, erzählen die Mütter. Kinder eben, beide lachen. Alexandras ältere Tochter Nora ist zwölf, mit einem jüngeren Buben zu spielen, nein, das passe nicht. Nora hebt den Kopf vom Hausaufgabenheft. Dass ihre Eltern die ukrainische Familie aufgenommen haben, findet sie aber „echt spitze“!
Im Vergleich zum Stress, den Karen Karapetyan in den letzten drei Monaten hatte, ist er jetzt die Ruhe selbst. Gemeinsam mit der Lebenshilfe betreut er 80 Familien aus der Ukraine, unmittelbar nach Kriegsbeginn hat er selbst sechs Familien bei sich privat aufgenommen.
Helfen will der ehemalige Regisseur, weil er 17 Jahre in der Ukraine gelebt und dort viele Freunde und Verwandte hat. Jeden Abend ruft er sie an und fragt, ob alles in Ordnung sei: „Ich weiß nie, ob wir am nächsten Tag noch reden können...“
Das Sichern von Grundversorgung, Zugang zu medizinischen Einrichtungen, Schule, Wohnungssuche, Möbeltransporte, bürokratische Angelegenheiten – diesen Aufgaben hat sich die Lebenshilfe an den Standorten Graz, Gratkorn und Söding-St. Johann angenommen, um ukrainischen Geflüchteten zu helfen. In Söding wohnen derzeit 27 ukrainische Flüchtlinge, eine Familie wohnt in einer eigenen Wohnung in Bahnhofsnähe, alle anderen teilen sich die Unterkunft neben einer alten Villa in Söding.
Mit Olena, Andrii, Tetiana, Karyna, Krystyna, Anatolii und Marina erzählen drei Generationen, die jetzt gemeinsam unter einem Dach leben, ihre Geschichten. „Wir sind zwar verschiedene Charaktere, aber das Zusammenleben funktioniert gut, wir helfen einander, wo es geht“, erzählt Tetiana. Das Zuhause der jungen Frau lag nur 15 Kilometer von der Stadt Butscha entfernt. Während sie davon erzählt, steigen Tränen in ihre Augen. Die Schrecken des
Krieges lassen sich auch nicht ausblenden.
Anschluss in einem fremden Land zu finden, ist nicht leicht, auch die Suche nach einer Arbeit ist schwierig. Der Wunsch, mehr Kontakt zur österreichischen Bevölkerung aufzubauen, ist bei allen groß. Am Arbeitsplatz wäre das am einfachsten. „Darum lernen wir Deutsch“, sagt Tetiana. Phrasen wie „Wie geht es dir? Mir geht es gut. Ich komme aus der Ukraine“kommen schon problemlos über die Lippen. Karyna und Krystyna, die in Voitsberg zur Schule gehen und schnell Freunde gefunden haben, sind seit März in Österreich, in Söding sind die beiden 16-Jährigen am liebsten, weil der Ort mit dem vielen Wald so grün ist. Auch die Nähe zu Graz ist ein Pluspunkt, die Stadt erinnert sie an Odessa.
Olena kommt aus Kiew. Sie erzählt von ihrer panischen Angst, als sie Raketen einschlagen hörte. Im Bunker verbrachte sie schlaflose Nächte, bevor sie in kürzester Zeit ihre Sachen gepackt hat und weggelaufen ist. Wie groß ist die Hoffnung, dass der Krieg bald ein Ende nimmt? „Wir haben keine Hoffnung, wir wissen, dass es besser wird“, ist sich die Schicksalsgemeinschaft einig. „Man merkt, dass uns die Leute hier nicht unterstützen, weil sie es müssen, sondern weil sie uns helfen wollen“, bedankt sich Olena.
Wenn die junge Frau hierzulande immer wieder die Ukraine-Flaggen wehen sieht, gibt ihr das ein gutes Gefühl. „Dann könnte ich weinen vor Freude.“
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