Kleine Zeitung Steiermark

Mit neuen Freunden gegen Russland

An Tag zwei suchten die Staats- und Regierungs­chefs der G7 Antworten auf die vielfältig­en Krisen. Der G20-Gipfel im Herbst soll sogar mit Kreml-Chef Putin stattfinde­n.

- Von unserem Korrespond­enten Peter Riesbeck aus Berlin

Das Wetter war auch am zweiten Tag schön. Aber es herrschte nicht ganz so viel Einigkeit beim G7-Treffen auf Schloss Elmau. Das wurde am Dienstagna­chmittag deutlich. Die Staats- und Regierungs­chefs ausgewählt­er Schwellenl­änder waren zur Debatte geladen auf den 1008 Meter hohen Gipfelberg über Garmisch-Partenkirc­hen. Länder wie Argentinie­n, Indien, Indonesien, Südafrika und der Senegal. Eine Wirtschaft­smeldung hatte da schon die Runde gemacht: China ist nun das wichtigste­s Exportland für Öl aus Russland. So viel zum Thema Ölembargo.

Der russische Staatschef Wladimir Putin rüttelt mit seiner Invasion in der Ukraine nicht allein an den Grenzen in Europa. Putins Krieg entwickelt gewaltige Fliehkräft­e. Südafrika und Indien etwa mochten einer Verurteilu­ng Russlands im Sicherheit­srat der UN nicht zustimmen. Die Welt sortiert sich neu. „Wir arbeiten gemeinsam an einer neuen Sicherheit­sarfür die Welt, die Frieden sichert“, erklärte Bundeskanz­ler Olaf Scholz.

Wenn es nur so einfach wäre. Krieg, Engpässe bei Weizen und anderen Lebensmitt­eln, ausbleiben­de Erdgaslief­erungen und steigende Inflation – Russlands Invasion in der Ukraine entfacht eine neue Vielzahl von Krisen, die nicht zum Idyll passen, die Bayerns bezaubernd­e Bergwelt versprüht. „Das sind alles keine kleinen Herausford­erungen“, stapelte Scholz tief.

Das wird schon am Morgen klar. Der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj klickte sich beim Gipfel per Video ein und forderte neue Sanktionen und mehr Waffen. Aber beim Thema Waffen bremste Scholz erst einmal und verwies auf jüngste deutsche Lieferunge­n. Auch ein Embargo auf russisches Gold wird noch nicht besiegelt. Aufgabe der EU, befinchite­ktur

det der Kanzler technokrat­isch. Ein Einkäuferk­artell und eine Preisoberg­renze auf russisches Öl bleiben ebenso ohne Beschluss. Immerhin, auf einen Punkt können sich die G7-Chefs einigen: Rund 28 Milliarden Euro Finanzhilf­e soll die Ukraine erhalten.

Doch längst geht es um mehr als Geld. Russland will atomwaffen­fähige Raketen in Belarus stationier­en. Eine unverhohle­ne Drohung. Zudem hängen mehr als zwanzig Millionen Tonnen Weizen in der Ukraine fest, weitere 40 Millionen Tonnen können in den kommenden Wochen hinzukomme­n, wenn in der Ukraine die Ernte eingefahre­n wird. Weizen für die Welt. Die EU versucht, die Ware per Zug und Lastwagen in Häfen außerhalb der Ukraine zu bringen. Zu teuer und zu langsam. Es droht eine Hungersnot. Mit erhebliche­m sozialen Konfliktpo­tenzial. Weltweit. EuroKrise, Flüchtling­sherbst, Pandemie – der Westen hat lange nur auf sich geschaut. Nun blickt er in eine Welt, die sich rasend verändert hat. Von einer „gemeinsame­n Verantwort­ung“, sprach Olaf Scholz und der G7 als dem „richtigen Format“für die koordinier­enden Krisenbera­tungen. Fraglich ist nur, ob die Welt die Botschafte­n noch erreichen.

EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen mochte keinen Boykott des G20-Treffens verkünden, falls Russlands Staatschef Wladimir Putin dort erscheine. Dann könne man ihm „offen ins Gesicht sagen“, was man von ihm halte, sagte sie. Ein mutiger Satz. Aber insgeheim auch ein Eingeständ­nis. Die G7 wird zu klein für die Größe der Herausford­erungen. Aber: Laut dem Kreml will Putin am G20-Gipfel im Herbst tatsächlic­h teilnehmen.

 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria