„Es wurde mit zu wenig Nachdruck gehandelt“
Christoph Eugen ist seit zehn Jahren Cheftrainer der nordischen Kombinierer. Er spricht über Veränderungen, Höhepunkte und Rückschläge. Und über die Ablehnung der Kombiniererinnen für die Olympischen Spiele 2026.
DCHRISTOPH EUGEN: Es ist enttäuschend. Es gab die klare Vorgabe, dass es für die Frauen ein Weltcup-Format geben muss – das gibt es. Dass das Niveau in der Breite noch nicht so hoch ist wie erwünscht, ist logisch. Es wurde vonseiten der FIS mit zu wenig Nachdruck gehandelt, zu wenig Lobbyismus betrieben.
Das sehe ich nicht so. Bei den Spielen in Peking war Spannung pur, die Einschaltquoten in Deutschland waren top – es ist sehr wohl Interesse da. Ich glaube, da wurden Argumente gesucht, um die Ablehnung der Frauen besser begründen zu können. Ich höre, es wurde heftig diskutiert.
Gilt für mich nicht. Das ist bei vielen anderen Sportarten doch genau so.
Trotzdem: Es muss sich offenbar etwas ändern. Was ist das Problem?
Die Sportart ist nicht leicht zu vermarkten. Man muss sich da was einfallen lassen. Wir sind ein Premiumprodukt mit lässigen Übertragungen. Es gibt andere Sportarten, die finden außerhalb der Olympischen Spiele einfach nicht statt.
Sie sind seit zehn Jahren Cheftrainer – damals sind Sie mit Spaß an die Sache herangegangen. Ist das unverändert so?
Es gibt keine bessere Motivation – du musst Spaß am Sport haben. Natürlich mit Fokus auf Leistung. Nur lustig soll es auch nicht sein. Aber natürlich merkt man, dass es viel Routine ist. Man überlegt jedes Jahr, ob man weitermacht. Aber durch immer neue Athleten, neue Aufgaben und neue Reize macht es noch immer Spaß.
Was hat sich denn in den letzten zehn Jahren geändert?
Das Niveau ist extrem gestiegen. Früher konnte man von Platz 30 nach vor laufen. Mittlerweile gibt es Athleten – Riiber, Lamparter, Geiger – die in die Top fünf springen, aber auch gut langlaufen können. Felix Gottwald müsste sich heute definitiv anders aufstellen.
wald und Mario Stecher war sehr erfolgreich. War die Angst vor dem Absturz da?
Angst nicht, sonst hätte ich es nicht gemacht. Ich wusste, dass Talente nachkommen. Ich wusste, dass es Berni Gruber gibt, der noch Jahre vor sich hat. Aber viele Talente, wo wir dachten, es könnte etwas werden, sind auch weggefallen.
Da gibt es viele. Das erste Großereignis, vor dem ich Bammel hatte, in dem Gruber und Stecher Medaillen gemacht haben. Der erste WM-Titel von Gruber 2015, fast aus dem Nichts. Die Heim-WM in Seefeld mit FranzJosef Rehrl war schön, auch der Titel von Johannes Lamparter, Olympia-Bronze für Lukas Klapfer, und, und, und.
Und die schwierigsten?
Wenn ich Athleten mitteilen musste, dass es nicht gereicht hat für ein Großereignis. So wie Mario Stecher 2017 – da wusste ich: Ich habe seine Karriere beendet. Und nicht so, wie er sich das vorgestellt hat.
Das
sind
Momente, wo man richtig Angst hat. Wir hatten schon beim Comeback kein gutes Gefühl. Der Arzt sagte, es sei kein Problem. Aber er wollte es – und dann passiert so etwas. Das hätte auch anders enden können. Er lag am Boden, schreit herum – du weißt nicht, was du machen sollst. Das Rettungsteam hat Minuten gebraucht, um ihn zu beruhigen. Das war eine heftige Situation.
Zieht man sich da zur Verarbeitung auch als Chef zurück?
Das sind Momente, die prägen. Ich habe aber keine Zeit für mich gehabt. Ich musste schauen, dass die Rettungskette funktioniert, die Angehörigen informiert werden, ich musste mit dem Team sprechen – alle auf den Wettkampf vorbereiten. Als Athlet kriegt man das nicht aus dem Kopf. Als Betreuer bist du mit einem Ohr immer am Telefon statt mit beiden Augen beim Wettkampf.
Ich will vom Schnee nichts mehr wissen. Ich freue mich auf das Fahrrad, aufs Laufen, unternehme viel mit der Familie. Und ich schlafe viel. Aber nach sechs, sieben Wochen kitzelt es wieder. Es ist wie eine Sucht.